Ulrike Greiner ist seit April 2010 Rektorin der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich. Davor war die promovierte Germanistin und Theologin Gründungsrektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems.

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Die Welt der Bildung, in der sich Hochschulmanagement bewegt, befindet sich im konflikthaften Wandel. Sie lernt gerade, sich nicht mehr über Dualismen des Entweder-oder zu begreifen, sondern über Transdisziplinarität und neue Allianzen von Akteuren und interinstitutionellen Kooperationen. Neue Verbindungen von Aus- und Weiterbildung, fachlichem Können und Persönlichkeitsbildung, Forschung und Lehre entstehen. Die Widersprüche sind nicht weniger geworden - ja, im Bildungsmanagement, zumal in der Lehrerbildung, muss man mit unterschiedlich verschränkten Spannungsebenen rechnen:

Spätestens seit Immanuel Kants Frage "Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange" haben wir begonnen zu begreifen, dass sich die Erziehung zur Freiheit der eigenen Urteilsfähigkeit immer in der Dialektik von Fremdbestimmtheit und Befreiung bewegt. Das "sub-iectum" - der Mensch - bleibt immer auch Unterworfener seiner Lebensbedingungen und Herkünfte, und dennoch wird und muss es alles tun, um sich mittels Bildung über seine Geschichte zu erheben und sie als Zukunft zu gestalten.

Schwierige Umsetzungsbürokratie

Zwischen Autonomie und Abhängigkeit bewegen sich auch Bildungsinstitutionen. Sie brauchen wesentlich mehr Eigenständigkeit und gleichzeitig klarere Zielvorgaben. An die Bildungspolitik(er): Klare Entscheidungen ermöglichen Orientierungen. Es ist nicht unschwierig, wenn die Schritte der Umsetzungsbürokratie bis ins Kleinste geregelt sind, aber man in den großen Entscheidungsfragen, wohin sich eine Institution nun wirklich bewegt, seltsam alleingelassen würde. Isolierte Maßnahmen machen immer weniger Sinn. Ziele, Bedingungen und Schritte müssen zusammenpassen.

Ohne Antwort auf die Frage "Wohin" sinken die Leistungen. Wobei sich die Bildungsinstitution selbst neu entwerfen sollte - das ist geradezu eine ihrer größten Fähigkeiten, denn Bildung bedeutet Gestaltgebung - warum sollte sie es nicht auf sich selbst anwenden? Bildung ist nicht herstellbar über Technologie, sie ist ein freier Selbstbestimmungsprozess. Eine Institution wie eine Pädagogische Hochschule wird aber heute auch auf Effizienz und Effektivität geprüft. Ein Widerspruch? Kann man Bildung messen? Nein, aber man kann das Messbare wie Inhalte, Prozesse und Ergebnisse ruhig der Wirkungsfrage aussetzen. "Was kommt dabei heraus?", wird das Bildungsmanagement gefragt.

Standardisierung und Individualisierung

Diese Output-Orientierung zwingt zu einem neuen Verstehen der Prozesse - ihrer Gestaltung, Transparenz, Kommunikationen und Geschwindigkeiten. Dabei geht es nicht mehr ohne die Dialektik von Standardisierung und Individualisierung, weil man erst durch neue Standards erkennt, was besonders bleibt. Hochschulen sind komplexe Institutionen mit vielen Experten, die in ungeheurer Unterschiedlichkeit ihre Kompetenzen einbringen. Diese zu Teams zu führen, ohne die man als Hochschule die Gesamtleistung nicht bringen kann, erfordert hohen Managementaufwand, aber auch eine Vision von Wert und Würde einer Institution. (Ulrike Greiner, DER STANDARD, 18./19./20.5.2013)