Wien - Das Wiener Burgtheater steht seit 125 Jahre am Ring. Das Jubiläum lässt sich unter Zuhilfenahme der Spielplanvorschau 2013/14 einigermaßen würdig begehen. Man löst das Kartonmodell der Burg aus den Stanzlinien des Umschlagdeckels und trägt das Kleinod als schmucken Hut.

Burgdirektor Matthias Hartmann hat die neue Saison unter die Begriffe von "Wahl" und "Wille" gestellt. An einem langen Konzeptionstisch im Untergeschoß des Arsenals umriss Hartmann die allernächste Zukunft. Sie beginnt im September mit der Übernahme seiner Lumpazivagabundus -Inszenierung aus Salzburg. Florian Teichtmeister spielt anstelle des rekonvaleszenten Johannes Krisch den Leim. Auf Anna Bergmanns Inszenierung von Ibsens rätselhafter Frau vom Meer folgt ein neues René-Pollesch-Vehikel (Cavalcade), dicht gefolgt von Hamlet (Andrea Breth). Karin Bergmann kuratiert den Jubiläumskongress (s. o.) im Oktober und legt ihrem Programm Michel Foucaults "Heterotypie"-Begriff zugrunde.

Hartmann selbst widmet sich im Verein mit Doron Rabinovici der Befragung von Zeitzeugen (Die letzten Zeugen - 75 Jahre nach dem Novemberpogrom 1938). Hausregisseur David Bösch inszeniert Brecht Mutter Courage mit Maria Happel in der Titelrolle, den König Lear gibt Klaus Maria Brandauer in der Regie des Burg-Debütanten Peter Stein. Hartmann: "Für alle Seiten eine interessante Erfahrung!" Katie Mitchell wird Handkes Wunschloses Unglück dramatisieren, Michael Thalheimer sein Wunschstück Maria Magdalena machen, Dimiter Gotscheff mit Endspiel am Akademietheater debütieren. Jan Lauwers spürt zusammen mit Gert Voss dem Ingenium des großen Außenseiters John Cassavetes nach (Begin the Beguine im Kasino).

Die Burg, die "immer mehr Zuschauer" hat (450.000), kann und will nicht klagen. Obwohl: "Der Tag, an dem es budgetär nicht mehr geht, ist eigentlich schon verstrichen!" (Hartmann) (Ronald Pohl, DER STANDARD, 17.5.2013)