Die Volksanwälte Peter Kostelka, Terezija Stoisits und Gertrude Brinek bei der Präsentation des Berichts.

Foto: Volksanwaltschaft

In 114 Fällen wurden Personen im Jahr 2012 von der Wiener Landesverwaltung benachteiligt. Das ist das Ergebnis des Berichts der Volksanwaltschaft an den Wiener Landtag. Mit insgesamt 924 Beschwerden wandten sich rund zehn Prozent mehr Menschen als im Vorjahr 2011 an das Kontrollorgan.

Damit ist für Volksanwältin Terezija Stoisits die Bundeshauptstadt ein Hotspot des Hinschauens und dabei vor allem die Magistratsabteilung 35, die für Einwanderung, Staatsbürgerschaften und das Standesamt zuständig ist. "Gegen diese Behörde gab es insgesamt 68 Beschwerden, wobei keine einzige das Standesamt betraf", sagt Stoisits.

Die Volksanwältin berichtet von Fällen, in denen Verfahren, die Aufenthaltserlaubnisse und Staatsbürgerschaften betreffen, bis zu 19 Monate verzögert wurden: "Das kommt einem Stillstand gleich. Da stimmt etwas nicht in dieser Magistratsabteilung." Prinzipiell sollten die Verfahren nach sechs Monaten abgeschlossen sein. Sie führt diesen Missstand vor allem darauf zurück, dass zu wenige Mitarbeiter zur Verfügung stehen und somit die Fälle weder effizient noch bürgerfreundlich abgearbeitet werden können.

Präventives Kontrollorgan

Seit dem 1. Juli 2012 ist die Volksanwaltschaft nicht nur Anlaufstelle für Beschwerden, sondern wird auch präventiv tätig. So hat sie alle öffentlichen und privaten Einrichtungen zu kontrollieren, in denen Personen angehalten werden oder angehalten werden können. Das betrifft zum Beispiel Justizanstalten, polizeiliche Anhaltezentren oder psychiatrische Anstalten.

Zudem hat sie auch Einrichtungen und Programme für Menschen mit Behinderungen zu prüfen, damit diese nicht ausgebeutet, gewalttätig behandelt oder missbraucht werden. Der zuständige Volksanwalt Peter Kostelka berichtet in dem Zusammenhang von dem Missstand, dass in Österreich relativ junge Menschen mit Behinderungen in Altersheimen untergebracht werden, da es oft keine Alternativen gebe.

"Das durchschnittliche Alter in solchen Einrichtungen liegt bei 80 Jahren. Oft passiert es, dass  etwa 50-Jährige mit Behinderungen bis an ihr Lebensende im Altersheim bleiben müssen und alle sozialen Kontakte verlieren", sagt Kostelka. Er sieht dadurch den Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention verletzt, nach der Menschen mit Behinderungen ihre Wohnform selbst wählen können.

Kein zentrales Register für Netzbetten

Außerdem wurde im Zuge von Kontrollen bekannt, dass es trotz Forderung der UNO kein zentrales Register für Netzbetten in der Psychiatrie gebe. Weil auch die lokalen Register nur schlampig geführt würden, sei eine Kontrolle dieser Art der Fixierung von psychiatrischen Patienten nur schwer durchzuführen. Zudem haben für Kostelka diese Betten in psychiatrischen Einrichtungen prinzipiell nichts zu suchen.

Da die Volksanwaltschaft in Wien prinzipiell die öffentliche, sowie die Landes- und Gemeindeverwaltung überprüft, hat sie kein Mandat für ausgegliederte Unternehmen. Das betrifft in der Bundeshauptstadt unter anderem die Friedhöfe Wien, mit denen die Volksanwaltschaft aufgrund deren freiwilligen Kooperation zusammenarbeitet.

Fremder Mensch im Familiengrab

Volksanwältin Gertrude Brinek berichtet von einer Wienerin, die bei einem Spaziergang entdeckte, dass ein fremder Mensch in ihrem Familiengrab beerdigt wurde. Sie wusste davon nichts, obwohl sie das Benützungsrecht besitzt. Zudem bekam die Frau keine Auskunft darüber, wer das Begräbnis veranlasst hatte.

"Dabei handelt es sich nicht nur um eine Pietätsfrage, dass diese Auskunft erteilt wird, sondern oftmals wird durch solche Beerdigungen das Familiengrab für die Benützungsberechtigten unbrauchbar, weil zu viele Toten bestattet und das Limit erreicht wurde", sagt Brinek. Deshalb fordert sie von den Friedhöfen Wien, dass sie die Benützungsberechtigten der Gräber über Bestattungen informiert, auch wenn keine Grabsperre besteht. (Bianca Blei, derStandard.at, 16.5.2013)