Oben: Straußenkorallen in einem Riff im Rote Meer. Unten: Nahaufnahme der Polypen einer Straßenkoralle.

Die Weichkorallen sind den Steinkorallen gegenüber durch ihre pulsierenden Bewegungen klar im Vorteil.

Foto: M. Naumann, ZMT
Foto: M. Naumann, ZMT

Während die meisten Steinkorallenarten unter dem klimawandelbedingten Temperaturanstieg leiden, breiten sich in vielen tropischen Riffen Weichkorallen der Familie Xeniidae, sogenannte Straußenkorallen, immer mehr aus. Eine Besonderheit dieser sesshaften Tiere sind ihre pulsierenden Bewegungen - Meeresbiologen vermuten, dass darin ihr Schlüssel zum Erfolg liegt.

Wie Vogelflügel öffnen und schließen sich die gefiederten Polypententakeln der Straußenkorallen. Diese Weichkorallen führen pulsierende Bewegungen aus - eine Seltenheit bei sesshaften Meeresorganismen. Lange war unbekannt, welchen Zweck das unermüdliche Pulsieren erfüllen soll - es kostet immerhin Energie!

Kürzlich publizierte ein israelisches Forscherteam der Universität in Jerusalem erste Erkenntnisse zu diesen Bewegungen in der Zeitschrift "PNAS". Riffökologen des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie - ZMT haben jetzt in "PNAS" dazu Stellung genommen und ordnen diese Ergebnisse in einen breiteren ökologischen Kontext ein. Dabei kommen sie zu einer erstaunlichen Prognose, wie tropische Korallenriffe sich in der Zukunft entwickeln könnten.

Ökonomisch sinnvolle Investition

Für Straußenkorallen beschreiben die israelischen Forscher zwei wesentliche Vorteile des Pulsierens. Mit Hilfe ihrer symbiotischen Algen betreiben tropische Korallen Photosynthese, um Energie zu gewinnen. Hierbei wird Sauerstoff produziert, der durch das Pulsieren effektiv aus dem Korallengewebe abtransportiert wird - seine Anreicherung würde die CO2-Fixierung hemmen. Die Bewegungen führen auch dazu, dass Nährstoffe im Wasser besser an alle Polypen verteilt werden. Nach Berechnungen der israelischen Forscher beträgt der Aufwand für das Pulsieren maximal 56% der gewonnenen Energie. Das ist eine ökonomisch sinnvolle Investition.

Hilfreich gegen die Korallenbleiche

Noch ein weiterer Effekt des Pulsierens könnte von großer Bedeutung sein: Bei der Photosynthese entstehen auch freie Sauerstoffradikale. Für den Stoffwechsel der Korallen sind diese sehr schädlich. Im Zuge der Ozeanerwärmung führen sie dazu, dass Korallen ihre symbiotischen Algen entlassen, bleichen und häufig absterben. Durch die Körperbewegungen werden jedoch auch diese Radikale vermutlich besser abtransportiert. Die Bremer Forscher halten es für sehr wahrscheinlich, dass pulsierende Weichkorallen daher gegenüber der Korallenbleiche besonders widerstandsfähig sind.

Robustheit und günstige Energiebilanz verschaffen den pulsierenden Weichkorallen einen erheblichen Konkurrenzvorteil im Riff. "Weltweit kann man in Korallenriffen inzwischen häufig einen Übergang von Steinkorallen, die bisher dominierten, zu Weichkorallen feststellen" berichtet der Bremer Korallenriffökologe Christian Wild. "Steinkorallen sind jedoch wichtige Ökosystemingenieure, die das Funktionieren des gesamten Riffs über die Produktion von Kalk und die Abgabe von organischen Substanzen wie Zucker und Schleime steuern". Die Bremer Forscher befürchten, dass Stoffkreisläufe im Riff entscheidend verändert werden könnten, mit negativen Folgen für die wertvollen Eigenschaften von Korallenriffen. (red, derStandard.at, 19.05.2013)