Männer sind die Hauptadressaten der Modekollektionen für Radler.

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Die Commuter-Serie von Levi's.

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Eine (Fahrrad-)Tasche von Eva Blut.

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Der Stretchrock von Iva Jean.

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Wenn die Pariser Modeboutique "Colette" in ihrem Schaufenster Platz für Fahrräder macht, ist das ein Statement. Denn natürlich sind das nicht irgendwelche Räder, die da zuletzt hinter der Glasscheibe der Rue Saint Honoré 213 geparkt wurden. Der New Yorker Lorenzo Martone, Ex-Freund von Marc Jacobs und jetzt so etwas wie ein Modepromi, hat ein minimalistisches Zweirad in vier Farben entworfen. Mit dem werden jetzt die, die bei Colette sonst ein Vermögen in Designerhandtaschen von Fendi oder Olympia Le Tan investieren, geködert. Mittlerweile geht die Rechnung auf.

Das Fahrrad funktioniert als Statussymbol, erkannte Der Spiegel bereits vor drei Jahren und titelte: "Mein Haus, mein Boot, mein Fixie-Bike". Auch die Mode dreht schon länger am Rad: Vor fünf Jahren designte das Modehaus Chanel ein Fahrrad mit gesteppten Ledertaschen, anlässlich der Olympischen Sommerspiele zog Gucci im selben Jahr mit einem Zweirad nach. Heute gehören Fahrräder für die Modehäuser zum Accessoirealltag und rollen herrlich absurd daher: Fendi behängte sein Modell allen Ernstes mit pelzigen Satteltaschen, im letzten Sommer verschenkten Dolce und Gabbana an Freunde des Hauses ein Fahrrad im Leopardenmuster, das auf den Blogs schnell seine Runden drehte.

Mit Turban und High Heels auf zwei Rädern

Überhaupt: Radelnde Modevorbilder gibt es im Internet plötzlich zuhauf. Die exzentrische Stylistin Catherine Baba zum Beispiel, die rast mit Turban und auf High Heels auf zwei Rädern von Modewoche zu Modewoche. Schön ist hier aber nicht mit praktisch zu verwechseln: Während die ersten weiblichen Radfahrerinnen Ende des 19. Jahrhunderts gegen männliche Widerstände Korsett und Keulenärmel gegen die praktikableren Beinkleiderröcke und Kombinationskostüme eintauschten, sucht man radelnde Modemenschen in Funktionskleidung während der Modewochen vergebens.

Schon 2008 ließ die stets geschmackssichere Regisseurin Sofia Coppola das Model Maryna Linchuk für eine Dior-Parfum-Werbung durch Paris radeln, in den letzten Saisonen strampelten sich die Models durch die Kampagnen von Benetton, Diesel oder Lacoste. Und heute? Machen irgendwie alle mit: Tod's inszeniert seine cognacfarbenen Lederstiefeletten an einem Rad fahrenden Model in Großaufnahme, und Jürgen Teller macht die Speichen seines eigenen Fahrrads zum Bestandteil der aktuellen Kampagnenbilder für Marc Jacobs. Und der Designer Paul Smith hat ein Vorwort zu einem Buch über Fahrrad-Design verfasst: Smith wollte als Teenager einmal Radprofi werden.

Überhaupt zieht der Hype ums Rad eine Armada an Bucherscheinungen nach sich, die lustigerweise auch ähnlich heißen: Cycle-Style, Cycle Chic, Cycle Love. Um nur einige zu nennen.

Neue modische Lösungen

Das österreichische Blog "Vienna Cycle Chic" hingegen hat mit solch sorgsam arrangierten Fahrradstillleben nichts zu tun. Hier werden Radler in der Regel im Vorbeifahren geknipst, denn, so sein Betreiber Paul Rasper: "Leute, die sich extra fürs Fahrrad aufpimpen, interessieren mich nicht." Was man in den Büchern und auf den Blogs aber meistens nicht zu sehen bekommt: dass es eine Menge Modeunternehmen gibt, die den Fahrrad-Lifestyle für sich nutzen und manchmal sogar neue modische Lösungen entwickeln.

Die US-Amerikanerin Ann DeOtte hat sich für ihr Label "Iva Jean" einen Rock aus Stretch mit versteckten Reißverschlüssen ausgedacht, der nicht nur zum Rumstehen, sondern auch zum In-die-Pedale-Treten gedacht ist. Selbst des ungeliebten Fahrradhelms nimmt man sich mittlerweile modisch an: Das in London ansässige Label "Sawako Furuno" lockt die weibliche Kundschaft mit einem Modell im Leopardenmuster, "Bobbin Bicycle", ebenfalls aus Großbritannien, hat sich silbern oder golden funkelnde Kopfbedeckungen ausgedacht. Ansonsten wird Fahrradmode, deren Bandbreite von innovativen Materialien bis zur Knickerbockern aus Tweed für die Retrogemeinde reicht, scheinbar vor allem von der Männerwelt gekauft. Levi's inszeniert die Commuter-Jeanshosen-Serie aus Wasser abweisendem Material an tätowierten sportlichen Männern, und auch H&M packte im Frühjahr hippe Bartträger in dezente Fahrradklamotten.

Leuchtendes Radshirt

Der Österreicher Wolfgang Langeder, der für sein Label "Utope" zusammen mit dem Fraunhofer-Institut ein leuchtendes Radshirt entwickelt hat, konzentriert sich fürs Erste auch auf männliche Käufer. Warum? "Noch spielen Männer lieber mit Technologie als Frauen, ihr Zugang zu einem Design-Technologie-Produkt wie unserem ist unbeschwerter", meint der Designer. Dafür gibt es aber auch Accessoires, die wunderbar geschlechterübergreifend funktionieren.

Eva Buchleitner hat bei ihren Radtaschen für ihr Label "Eva Blut" bewusst auf die "ganze betont sportliche Ästhetik verzichtet: Die Radler wollen schließlich auch nach der Fahrt, im Büro oder im Restaurant, gut aussehen." Wie wahr. (Anne Feldkamp, Rondo, DER STANDARD, 17.5.2013)