Seit 4. Mai besetzte die Gruppe "SoliLa" - kurz für "Solidarisch Landwirtschaften" - ein Stück Land im 21. Wiener Gemeindebezirk. Dieses ist im Besitz des Wohnfonds Wien. Nach mehreren Aufforderungen von Seiten der Stadt Wien, das Areal wieder freiwillig zu verlassen, wurde es Dienstagfrüh von der Polizei geräumt.

In den zehn Tagen der Besetzung hat das junge Landwirtschaftskollektiv, bestehend aus 50 bis 60 Personen, den ungefähr ein Hektar großen Acker gepflügt, Bäume, Kräuter und Gemüse gepflanzt sowie einen Folientunnel errichtet.

Foto: derstandard.at/mittendorfer

20 bis 30 der Aktivisten übernachteten konstant in Zelten auf dem Gelände.

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Mit der Landbesetzung wollte das Kollektiv ein Zeichen gegen die Bebauung von fruchtbarem Land setzen, aber auch für das Recht auf leistbares und gesundes Gemüse demonstrieren. "Es geht darum, landwirtschaftliche Flächen in Wien zu erhalten, damit diese nicht versiegelt werden", sagt eine Aktivistin.

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Gerade das Donaufeld zeichnet sich durch besonders fruchtbare Erde aus, so eine Aktivistin. Darum war die Gegend früher von kleinen Gärtnereien geprägt, die jedoch alle zusperren mussten.

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Kurz vor 8 Uhr wurden die Landbesetzer am Dienstag von der Polizei aus dem Schlaf in ihren Zelten gerissen. Nach einer Durchsage wurden sie dazu aufgefordert, das Grundstück zu verlassen. Danach wurde ein Bauzaun rund um das Gelände errichtet. Außerdem sollte das Feld noch am gleichen Tag gepflügt werden.

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Trotzdem lief die Räumung friedlich ab: Der Folientunnel und die Zelte wurden abgebaut.

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Die etwa 1000 Jungpflanzen, die zuvor von den Aktivisten eingepflanzt worden waren, wurden ausgegraben und in Töpfen, Wannen und Einkaufswagen abtransportiert.

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"Es gab immer wieder eine Fristenverlängerung für die Aktivisten, das Gelände freiwillig zu verlassen", sagt Dieter Groschopf, stellvertretender Geschäftsführer des Wohnfonds Wien. Die Besetzung sei ohne Zustimmung des Grundeigentümers, dem Wohnfonds Wien, erfolgt.

Zwar habe es eine Anfrage für die Nutzung der Fläche gegeben, diese sei aber nicht verfügbar, weil ein Anrainer über ein prekäres Nutzungsübereinkommen für die Fläche verfügt.

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Das heißt, dass dieser "Pächter" die Unkosten trägt, die für die Bewirtschaftung der Fläche anfallen. Laut Angaben der Aktivisten habe sich dieser aber seit Jahren nicht um das brachliegende Land gekümmert.

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Die Landbesetzer befürchten, dass auf dem Acker in Zukunft Wohnsiedlungen entstehen und wollten mit ihrer Aktion auf die fortschreitende Verbauung aufmerksam machen. "Stadteliten entscheiden über die Flächen, ohne Partizipationsmöglichkeiten der Bevölkerung", so eine Aktivistin.

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Mit dieser Einschätzung scheinen sie auch nicht ganz falsch zu liegen: Aufgabe des Wohnfonds Wien ist es, Grundstücke für den sozialen Wohnbau zu bevorraten, erklärt Christian Kaufmann, Pressesprecher des Wohnstadtbaurats Michael Ludwig.

Im Moment verfügt der Wohnfonds über zwei Millionen Quadratmeter solcher Flächen. Kaufmann hält es für wahrscheinlich, dass auch das von "SoliLa" besetzte Grundstück in Zukunft in Bauland umgewidmet wird, um darauf Wohnblöcke zu errichten.

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Kaufmann weist jedoch daraufhin, dass die Stadt Wien den Landbesetzern vergangene Woche angeboten hat, ein anderes Grundstück zu pachten. Bedingung dafür sei jedoch gewesen, dass sie das Grundstück in Floridsdorf freiwillig räumen. Aufgrund der jüngsten Entwicklung sei dieses Angebot nun aber hinfällig.

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Die Aktivisten jedoch geben an, das Angebot abgelehnt zu haben, weil sie schon 2012 ein halbes Jahr Verhandlungen über ein mögliches benutzbares Land geführt hatten - jedoch ohne Ergebnis.

Damals hatte die Gruppe einen ehemaligen Versuchsgarten der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) in Jedlersdorf im 21. Bezirk bewirtschaftet. Nach zehn Tagen wurde die Besetzung ebenfalls geräumt, damals jedoch von privaten Sicherheitskräften der Boku. Es soll zu Rangeleien zwischen Besetzern und Boku-Security gekommen sein.

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Das Landwirtschaftskollektiv wird in seiner Suche nach Raum aber trotzdem nicht aufgeben. "Die Landbesetzung hat gezeigt, dass es ein großes Interesse an solidarischen Landwirtschaftsprojekten gibt", so eine Aktivistin.

Immer wieder seien Nachbarn und Unterstützer auf Kaffee und Kuchen vorbeigekommen und hätten Interesse bekundet. Eine Nachbarin habe von dem Versuch eines Selbsterntefeldes auf der Fläche berichtet, der aber vor einiger Zeit ebenfalls abgebrochen worden war.

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"Wir werden uns das nicht gefallen lassen. Das ist nicht das Ende der Geschichte. Wir werden weiter versuchen zu zeigen, dass man auch anders leben kann", gaben sich die Aktivisten beim Abzug optimistisch. (elm, derStandard.at, 14.5.2013)

Nachlese über die Besetzung im vergangenen Jahr:

"Wir bleiben, um zu gärtnern"

Boku ließ besetztes Feld von privaten Sicherheitskräften räumen

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