Wie ein Bollwerk riegelt die mächtige Felswand den nur 100 Meter schmalen Küstenstreifen von der Außenwelt ab und macht Fajã dos Padres zu einer Insel auf der Insel Madeira. Wer hier den Urlaub verbringt, muss sein Auto stehenlassen und den Lift nehmen.

Vier Minuten dauert die Fahrt 300 Meter hinab ans Meer. Menschen mit ausgeprägter Höhenangst erscheint das wie eine Ewigkeit, doch die meisten genießen den atemberaubenden Ausblick aus der rundum verglasten Kanzel. Die hangelt sich ächzend an einem Stahlgerüst entlang, das tief in der schroffen Felswand verankert ist. Seine Energie bezieht der Lift ebenso wie die Feriensiedlung Fajã dos Padres aus Wasserkraft. Über ein Jahr dauerte der Bau des angeblich höchsten Panoramalifts Europas.

Früher gelangte man nur auf einer gefährlichen Klettertour hinunter zur Bucht. Oder man kam mit dem Boot wie die Jesuiten, die sich hier im 16. Jahrhundert ansiedelten und das Paradies auf Erden fanden. Böse Zungen behaupten, die Männer seien gezielt in diese Abgeschiedenheit geschickt worden, weil sie es mit dem Zölibat nicht so genau nahmen.

Wenig Häuser, viel Obst

Fajã dos Padres ist eine Oase der Ruhe geblieben. Kein Laut dringt hinab von der vierspurigen Autobahn, die sich oberhalb durch die Berge frisst. Seit rund 80 Jahren gehört das Land der Familie Fernandes aus Funchal. Sie betreibt hier ein Strandrestaurant und vermietet derzeit vier kleine Ferienhäuser, die verstreut in einer 13 Hektar großen Obstplantage liegen. Das ganzjährig milde Klima lässt Bananen, Mangos und Papayas gedeihen - und einen besonders guter Wein. Er ist die Leidenschaft von Familienoberhaupt Mário Jardim Fernandes. Über den Wein redet der Elektroingenieur viel lieber als über die immensen Baukosten für den Lift.

Seine Familie setzt seit 20 Jahren die Tradition der Jesuiten fort, die hier einst Reben aus Kreta pflanzten und daraus einen der besten Weine Madeiras kelterten. Einige Hektoliter des süßen Malvasia reifen inzwischen in dem Gewölbe unter der einstigen Kapelle der Jesuiten. "Dieser Wein ist ein Elixier der Götter", schwärmt Hobbywinzer Fernandes. Der leitende Angestellte kommt jedes Wochenende aus Funchal hierher. Dann trinkt er das eine oder andere Glas und lauscht seiner geliebten Opernmusik. "So kann ich am besten abschalten", sagt er. Kein Wunder bei einem Alkoholgehalt von 17 Prozent, den dieser kräftige Malvasia hat.

Gerne besuchen auch Einheimische das unter Palmen gelegene Lokal der Siedlung. Serviert werden vor allem Fischgerichte wie der schwarze Degenfisch. Zum Dessert gibt es selbstgemachtes Eis aus den exotischen Früchten in diesem Garten Eden. "Manche nennen es deshalb Bibel-Eis", scherzt Kellner Nelson Aveiro. Manche Tagesgäste kommen auch nur zum Schwimmen oder Sonnen. "Hier unten liegt die Temperatur meist um fünf Grad höher, weil die Felsen die Sonnenstrahlen reflektieren" weiß Alveiro.

Glück mit Walen in der Ferne

Nachtleben hat der Ferienort nicht zu bieten. Da gibt es in der nahen Hauptstadt mehr Abwechslung. Aber wer sich in Fajã dos Padres einmietet, sucht ohnehin die Abgeschiedenheit. "Wir haben Gäste, die verbringen den ganzen Urlaub hier unten", berichtet Nelson. Fast täglich geboten werden dagegen: traumhafte Sonnenauf- und Untergänge, mit viel Glück ein paar Wale in der Ferne, nachts die eine oder andere Sternschnuppe. Das Ganze wird untermalt von einer Symphonie aus Brandung, Wind und dem melancholischen Schreien der Möwen.

Der Parkplatz an der Bergstation des Lifts von Fajã dos Padres ist nur wenige hundert Meter von der Autobahn entfernt. Von hier aus erreicht man innerhalb einer Stunde fast jeden Punkt der Insel. Möglich machen das die vielen neuen Schnellstraßen und Tunnel, die Madeira schon durchlöchern wie einen Schweizer Käse.

Nur einen Katzensprung ist es von Fajã dos Padres ins quirlige Funchal mit seiner verwinkelten Altstadt, den üppig blühenden Parks und dem noblen Villenvorort Monte. Gerade einmal zehn Kilometer vom touristischen Zentrum Madeiras entfernt, scheint Fajã dos Padres dennoch wie auf einem anderen Planeten zu liegen. (Ulrich Willenberg, DER STANDARD, Album, 11.5.2013)

Info: www.fajadospadres.com

In dieser isolierten Bucht fanden einst Jesuiten per Boot das Paradies auf Erden, heute kommen eher Sonnenanbeter mit dem Lift.

Foto: Fajã dos Padres

Schwindelfrei sollte man sein, wenn man den Blick nach unten wagt.

Foto: Fajã dos Padres

Der Lift führt senkrecht hinunter zur Bucht.

Foto: Fajã dos Padres

Von oben aus hat man einen einzigartigen Blick auf die Bucht ...

Foto: Fajã dos Padres

... und auf das Meer.

Foto: Fajã dos Padres

Der Strand entlang der steil ansteigenden Felsen.

Foto: Fajã dos Padres

Mitten drin führt der Lift nach oben.

Foto: Fajã dos Padres

Auch Einheimische kommen sehr gerne hier her.

Foto: Fajã dos Padres

Der Blick aufs Meer auch beim Abendessen im Restaurant.

Foto: Fajã dos Padres

In wenigen Minuten gelangt man zu den Villen oberhalb der Bucht.

Foto: Fajã dos Padres

Schlafzimmer in einer der Villen.

Foto: Fajã dos Padres

Blick von der Veranda aus über das Meer.

Foto: Fajã dos Padres

Besonders schön ist der Blick auf den Sonnenuntergang.

Foto: Fajã dos Padres

Mit dem Boot kann man auch heute noch die Bucht erreichen.

Foto: Fajã dos Padres

Für Menschen mit Höhenangst ist der Glaslift eine Herausforderung. (red, derStandard.at, 14.5.2013)

Info: www.fajadospadres.com

Foto: Fajã dos Padres