Washington - Die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung in Washington. Zwei Monate lang soll das Justizministerium heimlich Journalisten bespitzelt haben, sich Zugang zu mehr als 20 Anschlüssen des Medienunternehmens verschafft haben. AP sei davon nicht in Kenntnis gesetzt worden und sei erst vor wenigen Tagen von offizieller Seite über den Zugriff, der bereits Anfang 2012 stattgefunden haben soll, informiert worden. Für die Aktion gebe es "keine mögliche Rechtfertigung", so die Nachrichtenagentur in einer Stellungnahme.

AP-Präsident Gary Pruitt protestierte in einem Beschwerdebrief an Justizminister Eric Holder "mit allem Nachdruck gegen ein massives und noch nie dagewesenes Eindringen des Justizministeriums in die Aktivitäten der Associated Press zur Nachrichtenbeschaffung". "Wir betrachten diese Handlung des Justizministeriums als ernsthaften Eingriff in das verfassungsmäßiges Recht von AP, Nachrichten zu sammeln und zu berichten", so Pruitt. Das Vorgehen bezeichnete er als "überbordende Sammlung der Telefonkommunikation". Mit den Daten könne die US-Regierung detaillierte Einblicke in die Arbeit der Nachrichtenagentur erhalten, ohne dazu in irgendeiner Weise befugt zu sein.

Regierung wollte über Anlass keine Auskunft geben

Über den Anlass der Untersuchungen wollte die Regierung keine Auskunft geben, wie der Sender CNN berichtete. AP stellte die Aktion in einen möglichen Zusammenhang mit Ermittlungen zu einem Bericht der Nachrichtenagentur über einen vereitelten Terroranschlag am 7. Mai 2012. In der Meldung waren Details über eine CIA-Aktion im Jemen genannt worden. Die Terrororganisation Al-Kaida soll damals versucht haben, eine Bombe in einem Flugzeug zu zünden. Die Behörden ermittelten nun, wer diese Informationen an AP weitergegeben habe, schrieb die Agentur am Dienstag. Sechs an der Berichterstattung beteiligte AP-Journalisten seien unter denjenigen, deren Verbindungsdaten sich das Justizministerium beschafft habe.

Die Agentur sei erst vor wenigen Tagen von offizieller Seite über die Aktion informiert worden, so Pruitt in dem im Internet veröffentlichten Beschwerdebrief. Vermutlich sei Anfang 2013 bei Telefongesellschaften auf gespeicherte Daten zugegriffen worden, die den Zeitraum von April bis Mai 2012 umfassten. Die Agentur und die betroffenen Journalisten seien weder vor noch unmittelbar nach der Aktion darüber informiert worden. Es könne "keine mögliche Rechtfertigung für eine solche überbordende Sammlung der Telefonkommunikation" geben, schrieb Pruitt.

Erklärung gefordert

Der AP-Präsident fordert das Justizministerium auf, die Daten an die Agentur zurückzugeben und alle Kopien zu zerstören. Außerdem verlangte Pruitt eine "sofortige Erklärung".

Das Justizministerium reagierte allerdings zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme. Der TV-Sender CNN zitierte aus einer Mitteilung der Behörde, dass sie die Pressefreiheit achte, aber bei Ermittlungen das richtige Gleichgewicht zwischen dem freien Informationsfluss und der fairen und effektiven Anwendung des Strafrechts finden müsse. Die Behörde würde - bevor sie Telefone abhörten - zuerst versuchen, Informationen über "alternative Kanäle" zu erhalten.

The Newspaper Guild (CWA), eine Arbeitnehmervertretung von Journalisten und Medienleuten, forderte das US-Justizministerium ebenfalls auf, alle Telefonmitschnitte an die AP zurückzugeben. Unter den Aufzeichnungen seien auch welche von Handys von Reportern und Redakteuren und sogar von Telefonen in ihren Wohnungen.

"Die Sammlung dieser Aufnahmen ist ungeheuerlich und ein direkter Angriff auf Journalisten, und das Justizministerium hat solche Ermittlungen zu unterlassen", ließ die CWA auf ihrer Homepage wissen. Informantenschutz sei entscheidend, um die Öffentlichkeit über die Themen, die ihr Leben betreffen, zu informieren. Für "diese breiten und übersteigerten Ermittlungen" gebe es keine Rechtfertigung oder Erklärung. Auch die CWA verwies darauf, dass die Pressefreiheit in der amerikanischen Verfassung festgeschrieben ist. (APA, 14.5.2013)