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Esfandiar Rahim-Meshaei stellt sich dem Wächterrat.

Foto: AP Photo/Ebrahim Noroozi

Teheran/Wien - Der Wunsch des iranischen obersten Führers Ali Khamenei, dass sein einstiger und jetzt entfremdeter Liebling Mahmud Ahmadi-Nejad im Juni still und leise die politische Bühne verlässt, erfüllt sich nicht. Der scheidende Präsident begleitete am Samstag "seinen" Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen, Ibrahim Esfandiar Rahim-Mashaei, der von manchen Konservativen als "Abweichler" angesehen wird, zur Registrierung. Und da politische Einflussnahme von Amtsträgern per Wahlgesetz verboten ist, erhob sich ein Sturm der Empörung unter den Ahmadi-Nejad-Gegnern, wobei manche sogar eine mögliche Auspeitschungsstrafe ins Spiel brachten.

So weit wird es nicht kommen, aber Ahmadi-Nejad könnte seinem Exbürochef und Schwiegervater seines Sohns zumindest einen Bärendienst erwiesen haben. Vielleicht auch sich selbst - wenn sich Rahim-Mashaei von ihm distanzieren muss, wenn er im Rennen bleiben will.

Dass auch Ali Akbar Hashemi Rafsanjani kandidiert, Staatspräsident von 1989 bis 1997, könnte eher als Chance für Mashaei gewertet werden, das Wächterrat-Screening zu überstehen. Rafsanjani ist heute zwar auch bei einem Teil des konservativen Establishments nicht mehr beliebt, weil er sich nie klar von der "grünen Welle" nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2009 distanzierte, aber einen, der zwei Amtsperioden als Nachfolger Ali Khameneis iranischer Präsident war und andere Schlüsselpositionen innehatte, kann man nicht gut disqualifizieren. Und das würde, um einen politischen Ausgleich herzustellen, auch den Verbleib Rahim-Mashaeis als Kandidat begünstigen.

Nun hat aber ein Sprecher des Wächterrats, der die Kandidaturen bewilligen muss, bereits angedeutet, dass Ahmadi-Nejads Regelverstoß negative Folgen für die Kandidatur Mashaeis haben könnte.

686 Kandidaten haben sich vergangene Wochen registrieren lassen, darunter sind auch dreißig Frauen. Nicht nur sie, sondern auch die allermeisten ihrer männlichen Kollegen werden nicht auf der endgültigen Kandidatenliste stehen. Eine Kandidatur im Wissen, dass ohnehin nichts daraus wird, hat durchaus auch so etwas wie einen Happening-Charakter.

Eine Provokation ist natürlich auch die Kandidatur Rahim-Mashaeis. Er gilt als der Erfinder von Ahmadi-Nejads "Iran zuerst"-Linie, die von manchen Konservativen als antiislamisch oder zumindest den Islam seiner Priorität beraubend gesehen wird. Ahmadi-Nejad ist ja zuletzt nicht einmal mehr von Angriffen auf die Stellung des religiösen Führers in der Politik zurückgeschreckt.

Es ist nicht ohne Ironie, dass ausgerechnet jene Person, die im Westen als prototypische Schreckgestalt des "Mullah-Regimes" wahrgenommen wird, sich in einer politischen Auseinandersetzung mit dem religiösen Establishment befindet. Rahim-Mashaei wurde wegen seiner gefährlichen Ideen von Khamenei sogar als Vizepräsident verhindert. Das spräche für seine Disqualifizierung.

Ganz unter sich sind die "Prinzipalisten", wie die Traditionalisten rund um Khamenei genannt werden, also nicht. Von den drei Musketieren Khameneis, Exaußenminister Ali Akbar Velayati, Oberbürgermeister Mohammed Bagher Ghalibaf und Exparlamentspräsident (und Khamenei-Schwiegersohn) Gholam Ali Haddad-Adel, könnten sich zwei noch zugunsten des Stärksten zurückziehen. Ebenfalls starke Kandidaten sind der Atomunterhändler Saeed Jalili, auch er ein treuer Khamenei-Mann, und Hassan Rohani, der diese Position unter Präsident Mohammed Khatami innehatte und als der chancenreichste Moderate gilt. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 14.5.2013)