Rom - Mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft ist der Ruby-Prozess gegen Silvio Berlusconi am Montag nach einer mehr als zweimonatigen Unterbrechung in Mailand in die Endphase getreten. Staatsanwältin Ilda Boccassini erhob schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Regierungschef, dem Amtsmissbrauch und Sex mit einer minderjährigen Marokkanerin im Jahr 2010 vorgeworfen werden. Die Anklägerin forderte sechs Jahre Haft für den italienischen Ex-Premier. Sie verlangte auch einen lebenslangen Ausschluss Berlusconis aus allen öffentlichen Ämter

Das Verfahren kreist um die damals 17 Jahre alte Marrokanerin Karima El Marough, mit der Berlusconi laut den Mailänder Staatsanwälten bezahlten Sex gehabt haben soll. Beide bestritten das allerdings. Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi Amtsmissbrauch vor, weil er Ruby im Frühjahr 2010 mit einem Anruf in Mailand vor Schwierigkeiten mit der Justiz bewahren wollte, nachdem die Frau wegen Diebstahls angezeigt worden war. Berlusconi gab an, er habe sie für eine Verwandte des damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak gehalten und diplomatische Verwicklungen vermeiden wollen.

Scharfe Worte

Staatsanwältin Boccassini meinte, in Berlusconis Villa in Arcore bei Mailand sei ein "Prostitutionssystems zur Befriedigung des Ex-Premiers" aufgebaut worden. Die Organisatoren der Partys in der Villa hätten genau gewusst, dass El Marough alias "Ruby Herzensbrecherin" minderjährig war, als sie an den dortigen Partys im Jahr 2010 teilnahm. "Es bestehen keine Zweifel, dass Ruby eine Prostituierte war", so die Staatsanwältin. Sie habe von Berlusconi Geld für Sex angenommen.

Die Staatsanwältin beschrieb Ruby in ihrem Plädoyer als "intelligentes und schlaues Mädchen", das wie viele Jugendliche in das Showbusiness einsteigen wollte, um auf schnellem Weg zu Geld zu gelangen. Die junge Marokkanerin, die in ärmeren Verhältnissen aufgewachsen war, sei Opfer eines "negativen italienischen Erfolgstraums" gewesen.

Urteil möglicherweise noch im Mai

Die Vertrauensleute Berlusconis zeigten sich mit dem Medienzaren solidarisch. "Ich bin überzeugt, dass Berlusconi seine Unschuld beweisen wird", sagte die Berlusconi-Parlamentarierin und Landwirtschaftsministerin Nunzia De Girolamo. Ein erstinstanzliches Urteil um die angeblichen wilden "Bunga-Bunga"-Nächte in Berlusconis Villa könnte noch bis Ende Mai gefällt werden.

Canale 5, der größte TV-Kanal Berlusconis, sendete am Sonntagabend einen Dokumentarfilm zum heiklen Fall Ruby. Darin verteidigte sich der Großunternehmer gegen die Vorwürfe der Justiz. Im Rahmen des Films wurde auch Ruby interviewt, die jeglichen sexuellen Kontakt zum Ex-Premier bestritt. Sie habe 57.000 Euro von Berlusconi erhalten, weil dieser ihr helfen wollte, einen Schönheitssalon zu eröffnen: "Mit dem Geld, das ich von Berlusconi erhalten habe, habe ich keinen Schönheitssalon eröffnet, wie ich gehofft hatte. Die Summe hat mir aber geholfen, über ein Jahr lang ordentlich zu leben."

Am vergangenen Mittwoch war Berlusconi wegen Steuerbetrugs zweitinstanzlich zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Am Samstag war es daraufhin zu einer Solidaritätskundgebung von Berlusconi-Anhängern in der lombardischen Stadt Brescia gekommen. (APA, 13.5.2013)