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Wenn die Wut zu groß wird, können manche Kinder und Jugendliche nur noch zuschlagen. Besonders wenn sie selbst nur noch das Gefühl haben, dass es niemand mit ihnen aushält.

Foto: apa/dpa/Oliver Berg

Wien - Manchmal kommt es vor, dass die Burschen etwas "zerlegen" oder rumschreien, aus dem Raum stürmen oder auch handgreiflich werden. Und eine Erfahrung teilen alle miteinander: "Mich hält keiner aus."

Positive Zuwendung

Deshalb seien auch viele richtig irritiert, wenn sie Zuwendung bekommen, erzählt Wolfgang Svec. Positive Zuwendung, wie beim Antiaggressionstraining in der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Abteilung am Rosenhügel. Svec ist Stationspfleger und einer der Mitbegründer des Angebots, das es seit 2010 für Burschen gibt, die im Neurologischen Zentrum bereits stationär oder ambulant betreut werden.

Die Zeit für die wöchentlichen Gruppentermine haben sich alle Beteiligten abgeknapst, Extrageld gibt es für das Projekt auch keines. Es sei deshalb auch der Ressourcenknappheit geschuldet, dass es kein entsprechendes Angebot für Mädchen gebe, wie Svec bedauert.

Nicht sofort zuschlagen

Bei den insgesamt zehn wöchentlichen Treffen versuchen die Trainer, wie sie genannt werden, mit den Jugendlichen eine andere Strategie zur Konfliktlösung zu erarbeiten, als einfach zuzuschlagen. Die Gruppen sind mit sechs Teilnehmern dementsprechend klein, die Jugendlichen, die derzeit daran teilnehmen, sind zwischen elf und 14 Jahre alt. Es wird viel mit Musikinstrumenten und Rollenspielen gearbeitet, die Jugendlichen setzen sich mit ihrer Wut auseinander, versuchen bei sich selbst zu beobachten, in welchen Situationen sie auszurasten drohen, und sollen lernen, Empathie zu entwickeln.

Die meisten haben bereits eine lange Geschichte ständiger Schulwechsel hinter sich, etliche mussten aus ihren Familien genommen werden und hätten bisher nur erlebt, "dass sie nicht passen, so wie sie sind", erzählt die Psychiaterin Karin Koschitz, die die Kinder- und Jugendpsychiatrische Ambulanz leitet. Für viele ist die einzige Zuwendung, die sie zu Hause bekommen, wenn mit ihnen geschimpft wird.

Kritik ohne Abwertung

Deshalb sei es wichtig, dass auch die Eltern einbezogen werden, betont Koschitz. Denn die Mütter und Väter der Jugendlichen hätten selbst oft "fürchterliche Geschichten hinter sich". Deshalb werden zwei Elternabende angeboten. "Wenn man dann fragt, was sie an ihrem Kind mögen, müssen vielen Eltern lange nachdenken", schildert Koschitz. Den Eltern soll vermittelt werden, wie sie Kritik üben können, ohne gleich das Kind ganz abzuwerten. "Bei den Treffen erzählen die Burschen dann schon, wie die Mama und der Papa so sind", schildert die Klinische Psychologin Daniela Svec-Hofbauer.

Kein ambulaten Angebot

Das größte Problem sei, dass es nach den zehn Wochen kein ambulantes Angebot für die Jugendlichen gebe, sagt Wolfgang Svec, es müsste sowohl ein viel größeres Kontingent an Psychotherapien geben, die die Kasse bezahlt, als auch mehr tagesklinische Betreuung.

Den meisten Teilnehmern fällt der Abschied am Ende des Trainings jedenfalls schwer - und sie zeigen das auf ihre Art. Ein Bursch habe das Zertifikat, das alle zum Abschluss erhalten, geschnappt, zerknüllt, hingeschmissen und sei aus dem Raum gerannt, erinnert sich Svec. "Doch fünf Minuten später stand er da und hat gefragt, wo sein Zertifikat sei, weil er es eigentlich doch gerne hätte." (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, 11./12.5.2013)