Was haben Angela Merkel, Margaret Thatcher, Jill Abramson, Gabi Burgstaller und Kathrin Zechner gemeinsam? Als Regierungschefinnen, "New York Times"-Chefredakteurin, Landeshauptfrau und ORF-Programmdirektorin sind sie in einer Führungsfunktion tätig. Diese Positionen bringen es mit sich, dass sie mit Beurteilungen konfrontiert sind und sich öffentlich Untergriffe gefallen lassen müssen, denen Männer nicht ausgesetzt sind. Es gibt auch diffamierende Bezeichnungen, die nur auf Frauen gemünzt werden.

Hexe ist so ein Begriff. Aus Anlass des Todes der britischen Premierministerin Thatcher war auf Twitter und in Foren "Die Hex' ist tot!" eine beliebte Reaktion. Wegen ihrer Politik kann man sie kritisieren. Aber nicht so.

Als "schnippisch" wurde der Führungsstil der noch nicht lange agierenden "New York Times"-Chefredakteurin Abramson von einem Kollegen beschrieben, der sie in einem Artikel sehr persönlich attackierte. Dass sie hysterisch sei, wurde suggeriert, es fehlte nur: stutenbissig.

Dass es in der österreichischen Medienbranche noch viel tiefer geht, bewies jüngst der Herausgeber des Branchenblattes Extradienst, Christian Mucha, der in seiner Kolumne unter dem Titel "Piss me, Kate!" ORF-Programmchefin Zechner extrem untergriffig attackierte.

Erstaunlich war auch die über Twitter verbreitete Einschätzung von "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk zum Salzburger Wahlergebnis, das Gabi Burgstaller zum politischen Rückzug bewogen hat: "Interessant, dass zum 2. Mal eine Landeshauptfrau abgewählt wurde, weil Frauen unter ihrer Verantwortung Mist bauten (Klasnic/Herberstein)." Wenn alle Landeshauptmänner abgewählt würden, unter deren Verantwortung Männer Mist gebaut haben, dann müssten in Österreich viele Jobs im politischen Bereich neu besetzt werden. Eine Diskussion über Frauenquoten in der Politik wäre dann überflüssig.

Es gibt auch Beschreibungen, die positiv gemeint sind, aber ganz anders ankommen. So wurde Christine Lagarde von "Spiegel online" zur Powerfrau des Jahres 2012 gekürt: "Mit Eleganz und Köpfchen, Charme und Chuzpe hat sich die Chefin des Internationalen Währungsfonds 2012 als Stimme der Vernunft in der Eurokrise profiliert." Bei Männern werden Aussehen und Hirnleistung nur selten beschrieben. Nur für Frauen gilt das Eigenschaftswort emsig, Männer arbeiten dagegen viel.

Wenn eine Frau durchsetzungsstark ist und noch dazu mit beträchtlichem Einfluss, dann verleitet das gleich dazu, sie mit Peitsche, Pickelhaube oder gar mit Hitlerbärtchen zu zeigen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erträgt diese unerträglichen Karikaturen, die in Polen und in südeuropäischen Ländern über sie kursieren, mit Gelassenheit. Sie kommentiert sie nicht einmal.

Ignorieren kann man diese Darstellungen nicht. Sie sind genauso wichtig wie das Thema zu wenig Frauen in Führungspositionen, zu dem Merkel ins Berliner Kanzleramt lud.

Diese Schmähungen sind mit ein Grund, warum manche Frauen nicht an die Spitze wollen, weil sie sich dem nicht aussetzen möchten. Diese Sprüche und Beschreibungen sind genauso diskriminierend wie die Form von " unguter Anmache", die zur Aufschrei-Debatte rund um FDP-Politiker Rainer Brüderle geführt hat. Wenn es um Leistung geht, sollen Frauen nicht anders beurteilt werden als Männer.(Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 8.5.2013)