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Martin Gastinger, bisher Programmdirektor von ATV, ist ab Mai neuer Geschäftsführer der ATV-Sender. Er folgt Ludwig Bauer nach.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Der neue ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger sieht seinen Sender nicht in der Trash-Schublade. "Mit solchen Reduzierungen muss man vorsichtig sein. RTL ist auch mehr als nur Känguru-Hoden-Essen. Wir bieten breite, sehr österreichische Unterhaltung, aber ebenso aktuelle Information, Sport und Reportagen", so Gastinger im APA-Interview. Steigern will er die Marktanteile und dafür bis Herbst neue Ideen für den Vorabend entwickeln. Denkbar ist eine Daily Soap ebenso wie Scripted Reality. Die Zeiten von Dominic Heinzl sind hingegen "vorbei".

Grundsätzlich sieht Gastinger den Sender, den er schon in den vergangenen Jahren als Programmchef entscheidend geprägt hat und dem er seit 1. Mai auch als Geschäftsführer vorsteht, gut aufgestellt. Ein eigenständigeres Profil soll unterdessen ATV II erhalten. Dort sollen künftig keine Wiederholungen von ATV zu sehen sein, Eigenproduktionen sind bis auf die Kultur-Formate für den Hauptsender vorbehalten. Dafür soll ATV II anspruchsvoller werden und mehr aus dem Bereich "Cineastisches und Eventkino" bieten.

"Zufrieden ist man nie."

Aber auch bei ATV gibt es Luft nach oben. "Zufrieden ist man nie." Gastinger will längerfristig die Quoten steigern, auf ein konkretes Marktanteilsziel wollte er sich aber nicht festlegen. Heuer liegt ATV bei 3,2 Prozent Marktanteil bei den Erwachsenen ab 12 Jahren und in der werberelevanten Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen bei 4,4 Prozent. Bis Herbst will der Neo-Geschäftsführer vor allem die "access prime time", also die Zeitzone zwischen 17.00 bis 20.00 Uhr, überarbeiten. Als Vorbild könnte RTL II herhalten, das mit dem Scripted Reality-Format "Berlin - Tag & Nacht" sehr erfolgreich ist.

Auch die Zukunft des relativ jungen "Hi Society" ist nicht in Stein gemeißelt, wenngleich Gastinger dem Format Zeit geben will. Eine Rückkehr von Dominic Heinzl zu seinem ehemaligen Sender ist hingegen auszuschließen. Seine Zeiten "sind vorbei". Auch wenn es derzeit kein Thema ist, könnte sich Gastinger ein Comeback von Richard Lugner vorstellen, immerhin gebe es viele Publikumszuschriften, in denen das Lugner-TV zurückgefordert wird. Noch seien aber "die Protestwellen nicht groß genug", lacht Gastinger. Berührungsängste mit Baumeister und Co. hat der Programm- und Senderchef jedenfalls nicht. "Wir machen Unterhaltung und die ist bekanntlich Geschmackssache."

Mehr Dating-Formate

Im Köcher hat Gastinger noch weitere Dating-Formate, wie "Mama sucht mir eine Frau", das am 7. Mai um 20:15 Uhr startet. Ab Herbst steht mit "Der große Österreich-Test" ein neues Hauptabend-Service-Format auf dem Programm, in dem Andi Moravec österreichische Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen testet. Fortsetzungen gibt es für das auch in der zehnten Staffel immer noch erfolgreiche "Bauer sucht Frau" - "solange die Österreicher das sehen wollen, werden wir auch eine elfte und zwölfte Staffel machen". Und auch Doku-Reality Formate wird es weiter geben, "denn wir haben bewiesen, dass wir das können".

Auffallend hohe Quoten erzielt nicht nur ATV sondern auch Puls 4 derzeit mit internationalem Fußball. ATV hatte mit dem WM-Qualifikationsmatch Irland gegen Österreich bis zu 933.000 Seher. "Das zeigt, dass man auch als Privater eine Million Menschen mobilisieren kann", daher will sich ATV auch künftig um Sportrechte bemühen. Die Frage sei allerdings, "was kriegt man, was ist leistbar und wo wird man von Pay-TV oder mit Steuermitteln subventionierten Sendern überboten", konnte sich Gastinger einen Seitenhieb auf den ORF nicht ersparen.

Mehr Verständnis seitens der Politik

Den ORF sähe der ATV-Chef gern auf dessen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag reduziert. "Er soll seinen Bildungs- und Kulturauftrag erfüllen und das bringen, worauf wir Private keinen Anspruch erheben. Aber warum sollte man dem ORF erlauben, mithilfe von Steuergeldern Privat-TV nachzumachen?" Von der Politik wünscht sich Gastinger mehr Verständnis und mehr Förderung für privates österreichisches Fernsehen, schließlich beschäftige man hierzulande zahlreiche Mitarbeiter und Produktionsfirmen. "Das Geld bleibt im Land und fließt nicht ab, wie bei den deutschen Werbefenstern", so Gastinger.

Was die Sendungen zur anstehenden Wahl betrifft, gibt sich der ATV-Chef optimistisch, dass diesmal bei der Elefantenrunde und den Duellen "kein Sitz leer bleibt". Bei der vergangenen Wahl vor fünf Jahren hatte SPÖ-Spitzenkandidat und Bundeskanzler Werner Faymann den Privatsendern einen Korb gegeben. "Wir haben eine andere und großteils viel jüngere Zielgruppe als der ORF. Die sollte man nicht negieren." (APA, 6.5.2013)