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Dass es hier systemkritisch zur Sache geht, wird schon im Vorwort klar, wenn Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier über die "neue Elite der Ungebildeten" schreibt: "Gut ausgebildete kalte TechnokratInnen, dazu erzogen, ihre Projekte voranzutreiben, ohne dabei an die gesellschaftlichen Folgen zu denken, sollen den noch verbliebenen Rest der humanistischen Eliten ersetzen." Kritische Reflexionen, schreibt er, seien nicht mehr gefragt.

Sein neues Buch Performer, Styler, Egoisten ist aber mehr als ein Substrat der Studien, die das von ihm mitgegründete Institut für Jugendkulturforschung im letzten Jahrzehnt erstellt hat. Es geht um eine "Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben", und es ist eine Streitschrift gegen die "Verdummungstendenzen" des Neoliberalismus.

Vor allem den Bildungsbereich hat sich der aus Wien stammende Wahl-Hamburger vorgenommen, er zerpflückt Bologna-Prozess, Pisa-Logik, kritisiert den Einfluss der Wirtschaft auf staatliche Bildungsinstitutionen, wo "systemneutrales, kritikfreies technisches Wissen boomt". Junge Menschen verlernten das lineare Lesen, "Hyper-Lektüre" online, bei der man sich von einem Link zum nächsten hantle, dominiere. Das Ergebnis sei die "halbierte Vernunft" einer postaufgeklärten Gesellschaft, in der sich ein unübersichtliches, widersprüchliches und fließendes Wertebild zeige.

Interessanterweise bricht der einst für die Jusos engagierte Heinzlmaier die Lanze für das bürgerliche, Humboldt'sche Bildungsideal. Bildung per se sei da noch ein Wert gewesen. Er schreibt ernüchtert: Das Sterben der humanistischen Bildungsideale beklagten höchstens noch Menschen aus dem bürgerlichen Lager, die Sozialdemokratie setze dem allen "sehr wenig" entgegen. Heinzlmaier urgiert Verständnis für junge Leute, die dem gewaltigen Druck, dem sie ausgesetzt sind, mit eigenen Strategien begegnen, und er fordert, einmal mehr, sofortige Umkehr in der Bildungspolitik. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 3.5.2013)