Die im STANDARD-Interview (30. April) geäußerten Vorbehalte des Bundespräsidenten gegen einen Ausbau plebiszitärer Instrumente stoßen in den Reihen der Proponenten des Demokratiebegehrens auf empörtes Unverständnis und harsche Kritik. Eine Erwiderung.

Dass das Volksbegehren "Demokratie jetzt!" kein brüllender Erfolg war, ist evident. Viele Kommentare waren in der Analyse auch grundvernünftig und vermittelten dabei mehrheitlich den Eindruck einer schmerzlichen Erfahrung - nicht nur für die Initiatoren. Mit Sicherheit ist es ein weiteres Zeichen dafür, dass die Bürger/-innen sich der Demokratie zunehmend entfremden, leicht abzulesen auch an der geringen Wahlbeteiligung bei den bisherigen Regionalwahlen. Vielleicht noch problematischer ist es allerdings, was manche Amtsträger bei dieser Gelegenheit geäußert haben.

Dem Herrn Bundespräsidenten blieb es vorbehalten, eindringlich vor einem einseitigen Ausbau der direkten Demokratie zu warnen. Sein Argument: Dies führe zu einer Schwächung des Parlamentarismus. Verwunderlich nur, dass just der höchste Amtsträger der Republik, der durch eine Volkswahl, also im Wege der direkten Demokratie, in sein Amt berufen wurde, eine derartige Position einnimmt. Man könnte fast meinen, es wäre ihm lieber gewesen, aufgrund einer Parteienvereinbarung bestellt zu werden, ganz so, als ob seine und alle bisherigen Bundespräsidentenwahlen nicht ganz wichtige positive Erfahrungen für die Demokratie gewesen wären.

Mir wäre es lieber gewesen, wenn er bei Gelegenheiten die Stimme erhoben hätte, wo die parlamentarische Demokratie, nicht zuletzt auch durch sein Verhalten, reduziert, wenn nicht gar gefährdet wurde. Mir ist bleibend unverständlich, warum der Bundespräsident etwa nicht eine Regierung entlassen hat, die nicht in der Lage war, innerhalb der von der Verfassung festgelegten Frist ein Budget vorzulegen. Offensichtlich hat auch er das Parlament und den Verfassungsauftrag hier nicht ernst genommen! Ebenso wäre ein Wort in der von ihm selbst vertretenen Richtung angebracht gewesen, als die beiden Regierungsparteien das Parlament aufgefordert haben, dessen Mitgliederzahl zu reduzieren. Darüber kann man durchaus reden, nicht aber darüber, dass das eigentlich Aufgabe des Parlaments selbst ist - das bei besagtem Anlass auch diesen Standpunkt vertreten, dann allerdings - ebenso fantasielos wie seinem Ansehen wenig förderlich - bestimmt hat, dass alles so bleibe, wie es ist.

Der Bundespräsident steht mit seiner Auffassung aber nicht allein da. Auch ein angesehener Journalist glaubte feststellen zu müssen, dass die Vorschläge des Volksbegehrens einfach nicht richtig gewesen seien. Was daran falsch gewesen sein soll, bleibt mir allerdings verborgen, weil diese Kritik völlig ignoriert, wie groß die Frustration der Bürger über die bestehenden Einrichtungen der direkten Demokratie ist. Was man sowohl an der Volksbefragung zum Bundesheer wie auch an den Wiener Bürgerbeteiligungsübungen zu Parkraum, Olympischen Spielen etc. ablesen konnte.

Am schlimmsten allerdings ist es, wenn ein durchaus politischer Mensch wie Harald Walser den Bemühungen um das Volksbegehren attestiert, diese seien mehr von "Demagogie statt Demokratie" geprägt (Standard, 26. 4.) Dahinter steht eine Tendenz, politische Parteien unter demokratischen " Naturschutz" zu stellen. Herr Walser darf sich überlegen, ob diese seine Einstellung nun alle wahlwerbenden Gruppen trifft oder ob nicht da und dort an manchen Rändern durchaus Bedenken angebracht sind. Unsere Parteienlandschaft wurde durch Initiatoren direkter Demokratie durchaus bereichert, das sollte vielleicht auch das Erinnerungsvermögen des grünen Bildungssprechers nicht überfordern.

Persönlich bin ich auf eine vielleicht eigenartig anmutende Weise froh, dass "Demokratie jetzt!" ein so schlechtes Ergebnis erzielt hat. Es gibt nämlich jetzt keine Ausreden mehr hinsichtlich des Defizits, das hier offensichtlich vorliegt: Und damit meine ich nicht nur die öffentliche Meinung oder gar die politische Bildung, sondern auch die Qualität der Diskussion. Gegen Kritik ist nichts zu sagen, sie ist notwendig. Sie sollte aber so formuliert sein, dass sie neue Perspektiven eröffnet, wie man der Sehnsucht nach mehr Demokratie näherkommen kann. Demokratie lebt auch von der Qualität der Argumente - dies darf durchaus auch von Personen gezeigt werden, die in der einen oder anderen Weise öffentliche Ämter innehaben ... (Erhard Busek, DER STANDARD, 3.5.2013)