Einerseits muss die SPÖ ihrem Koalitionspartner verbunden sein für die Besetzung des Finanzressorts mit einem so dankbaren Objekt des grenzüberschreitenden Missvergnügens, wie es Maria Fekter zu sein sich redlich bemüht. Allzu gering wäre der Unterhaltungswert der ewig aktuellen, also nicht mehr ganz taufrischen Maiparolen für mehr soziale Gerechtigkeit und leistbare Mieten geblieben, hätte nicht sie die Gelegenheit geliefert, als "Schutzheilige der Steuerhinterzieher und Steuerbetrüger" für ein wenig Vorwahlkampfstimmung herzuhalten. Verdienstvoll soll sie damit nicht nur vergessen machen, wie kurz es her ist, dass die SPÖ in der Frage des Bankgeheimnisses das Steuer herumgerissen hat, sie könnte in der allmählich in Gang kommenden koalitionären Spiegelfechterei bis zum September als Personifizierung des Bösen jene Würze darstellen, die Forderungen für die Zukunft abgeht, von denen man sich fragt, was in der Vergangenheit zu ihrer Erfüllung getan wurde.

Andererseits erinnert die Auseinandersetzung zwischen dem Regierungschef und der Finanzministerin, zu deren Beilegung ihr innerparteilicher Möchtegernnachfolger ausrücken musste, an den fatalen Fehler, den die SPÖ am Beginn dieser Legislaturperiode - nicht zum ersten Mal - beging, als sie klein beigab, die Funktionen des Bundeskanzlers und die des Finanzministers nicht bei der stärkeren Partei zu be-, sondern als koalitionäre Anfütterung der Volkspartei zu überlassen. Eine derartige Trennung ist in einem Regierungssystem, in dem der Bundeskanzler über keine Richtlinienkompetenz verfügt, selbst dann kontraproduktiv, wenn das Finanzressort einer Person untersteht, der es weniger um rustikale Selbstdarstellung auf Kosten des nationalen Rufes geht. Jahrzehntelang hat man in Österreich nach dieser Erkenntnis gehandelt, und das in Zeiten, in denen Finanzminister sich noch um Seriosität bemühten, statt Sucht nach schriller Profilierung auch noch auf dem internationalen Parkett auszuleben.

Dass das Berufsbild des Finanzministers hierzulande seit dem Auftreten eines kanzlergestützten Scharlatans, der für den Job bekanntlich zu intelligent, zu ehrlich und zu schön war, ein wenig gelitten hat, sollte weder Entschuldigung dafür sein, den personalpolitischen Schlendrian fortzusetzen, noch dafür, als Kanzlerpartei Mitverantwortung abzuschieben, indem man den Posten einer potenziellen - und gelegentlich eben einer realen - regierungsinternen Opposition überlässt.

Frühes Problembewusstsein im vorliegenden Fall ließ immerhin Vizekanzler Spindelegger erkennen, als er seinen kläglich gescheiterten Versuch startete, Maria Fekter abzulösen. Er hätte das kaum getan, hätte er in ihr das Ass im Ärmel seiner Wahlkampfstrategen erkannt, und schon gar nicht, hätte er vorhergesehen, wie wenig er in seiner Partei zum Wohle der Nation beitragen kann: Anderswo wäre ein Finanzminister nach einem öffentlich misslungenen Versuch, sich über den Regierungschef zu erheben, zurückgetreten. Hier muss der Vizekanzler den Fehler ausbügeln - und seinen Wunsch nach Ablöse als nie gehabt auch noch halbherzig leugnen. Wie sagte ein Vorgänger? Es reicht! (Günter Traxler, DER STANDARD, 3.5.2013)