Seit dem Beginn des ÖH-Wahlkampfes an der Universität Wien ziert ein mit Plakaten beklebter und mit Flyern übersäter Tisch den Nebeneingang der Uni. Feuerzeuge mit der Aufschrift "eat the rich!" verraten die politische Gesinnung der Studierenden, die ihren zur Lehrveranstaltung eilenden Kommilitonen Flyer in die Hand drücken wollen. Unter den Wahlkämpfern des Kommunistischen StudentInnenverbandes (KSV) befindet sich auch der 23-jährige Spitzenkandidat Lukas Fasching.

Gekleidet in einen schwarzen Kapuzenpullover mit dem Logo der Kommunistischen Jugend Österreich (KJÖ) sammelt der Volkswirtschaftsstudent an seiner Universität – der Uni Wien – seine Stimmen. Das diesjährige Wahlprogramm beschäftigt sich vor allem mit der Finanzierung der Unis und des Studierendenalltags. "Mehr Geld für Bildung, statt für Banken" lautet der Wahlslogan, mit dem der KSV ein ausgeweitetes Beihilfensystem und eine bis zum 26. Lebensjahr ausgezahlte, inflationsangepasste Familienbeihilfe fordert. Ebenfalls soll laut Fasching die Unterfinanzierung der Unis restauriert werden: "Wir bewegen uns in eine Richtung, wo die Autonomieregelung die Unis dazu zwingt, auf Drittmittelfinanzierung zurückzugreifen."

Zu Fasching gesellt sich ein weiterer Wahlkämpfer: Berk Özdemir, Spitzenkandidat des Bündnisses Solidarische Linke (SOLI) in dem der KSV gemeinsam mit Linkswende und Young Struggle an der Uni Wien antritt. Özdemir sammelt Unterschriften für eine Kampagne gegen doppelte Studiengebühren für Drittstaatenangehörige zu denen der türkischstämmige Politikwissenschaftsstudent gehört. Aufgrund seiner Herkunft dürfte er eigentlich gar nicht für die ÖH-Wahlen kandidieren. "Es ist uns darum gegangen, dieses Missverhältnis aufzuzeigen", meint Fasching, der offiziell Listenerster, da Özdemir von der Liste gestrichen wurde.

Proteste als Mittel zum Zweck

Während Özdemir eine Studentin auf Türkisch bittet, seine Unterschriftenkampagne zu unterschreiben, erklärt Fasching den Anspruch des "Protestbündnisses" SOLI: "Wir wollen eine Einheit schaffen zwischen der parlamentarischen Arbeit der ÖH und der außerparlamentarischen Arbeit seitens der Protestaktionen". Hier sollen vor allem die Misere migrantischer Studierender aufgezeigt werden, denn für den gebürtigen Kärntner gebe es nur einen freien Hochschulzugang und freie Bildung, wenn es zu einem gesellschaftlichen Umsturz komme. Der KSV und SOLI versuchen mittels Demonstrationen die Studierenden zu mobilisieren.

Foto: Standard/Cremer

Bei den letzten Wahlen entschieden sich zwei Prozent der Studierenden für den KSV. Sollte man dieses Jahr wieder ein Mandat bekommen, will man eine neue Herangehensweise der ÖH vertreten: Direkte Diskussionen mit dem Wissenschaftsministerium, Proteste, eine schlagkräftige Hochschülerschaft und "keine Stellvertreterpolitik, die im Elfenbeinturm sitzt und Presseaussendungen schreibt". Als problematisch erachtet Fasching auch den Trend konservativer Fraktionen, die einen Rückschritt der ÖH zu einer reinen Serviceeinrichtung fordern.

Erstwähler Christoph lässt sich auf eine Diskussion mit einem SOLI-Mitglied ein – danach weiß er jedoch noch nicht, wem er Mitte Mai seine Stimme geben wird. Um den Studierenden bei ihrer Wahlentscheidung zu helfen, wird vieles getan: Fasching und ein Kollege machen sich auf den Weg zum Neuen Institutsgebäude, um dort die Hörsäle zu "fluten". Zügig wird Sitzreihe um Sitzreihe in sorgfältigem Abstand mit Flyern übersät. Nach der raschen Aktion sucht man noch den Zentralen Informatikdienst auf, man brauche Informationen wie man Massenemails an alle Studierende verschicken könne.

Aus der Reihe tanzen

Was bei den letzten drei Wahlen für Verwirrung in der Wahlkabine gesorgt hatte, könnte auch in diesem Jahr Probleme bereiten: Die Abspaltung KSV-Linke Liste (KSV-LiLi) im Jahr 2006. Aufgrund einer Auseinandersetzung um den Verkauf des Ernst-Kirchweger-Hauses der Bundes-KPÖ, sowie aufgrund von Uneinigkeiten in den Parteistatuten spaltete sich der damals einheitliche KSV in den Parteikritischen KSV und den Parteitreuen KSV-LiLi – die beiden treten getrennt bei den ÖH-Wahlen an.

Mit dem Wahlslogan "Tanz aus der Reihe" will der KSV-LiLi im diesjährigen Wahlkampf auf sich aufmerksam machen. Der Wahlkampfstand am Campus der Uni Wien wirkt unauffällig, würde da nicht eine Studentin in rosa-farbigem, Plüschhasenkostüm, dem "Sabotage-Hasen", die Flyer verteilen. Das Maskottchen der Fraktion zieht so manche neugierigen Blicke der Vorbeigehenden auf sich, die Hängematte, die zwischen zwei Bäume gespannt wurde, ist für alle zugänglich. Abgesehen davon gibt es keine Wahlgoodies.

Auch auf den Spitzenkandidaten wurde aufgrund der "antihierarchischen" und "basisdemokratischen" Ausrichtung des Kollektivs verzichtet. "Bei uns stehen die Inhalte und politischen Forderungen im Vordergrund", erklären Klemens Herzog und Jennifer Zach, vom KSV-LiLi. Herzog ist Kandidat an seiner Uni – der Universität für Bodenkultur – wo er Umwelt- und Bioressourcenmanagement studiert und die internationale Entwicklungs-Studentin Zach kandidiert an der Uni Wien. Gemeinsam vertreten sie ihre Fraktion – sollten sie nach der Wahl ihr Mandat an der Uni Wien halten, wird der Listenverbandserste zum Sprecher der Fraktion gekürt.

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Bis dahin heißt es, Überzeugungsarbeit leisten. "Wir wollen die ÖH-Arbeit gesellschaftlich definieren und sehen es als zentrale Aufgabe der ÖH, aus diesem Gremium heraus antirassistische und emanzipatorische Aktionen über den Tellerrand zu unterstützen", erklärt Herzog und weist darauf hin, dass man die prekären Verhältnisse der Studierenden bearbeiten wolle.

Abschaffung der Securities

Vor allem die Finanzsituation hat es dem KSV-LiLi angetan: "Laut der letzten Studierenden-Sozialerhebung müssen fast zwei Drittel der Studierenden neben ihrem Studium arbeiten", so Zach – daran gilt es etwas zu ändern. Aber auch der Alltag an den Unis soll durch Abschaffung der Securities und die Nicht-Einführung von Überwachungskameras besser gestaltet werden. Ebenfalls möchte man eine richtige Orientierungsphase anstatt der StEOP einführen – konkrete Modelle, wie dies umgesetzt werden soll, gibt es noch nicht. (Selina Thaler, derStandard.at, 2.5.2013)