Auf Nakedcitizens.eu haben sich mehrere NGOs zusammengeschlossen, um gegen den Lobbyingsturm zur geplanten EU-Datenschutznovelle mobil zu machen.

Screenshot: nakedcitizens.eu

Am 29. Mai stimmt der federführende Ausschuss im EU-Parlament endgültig über die neue Datenschutzverordnung ab. Im Vorfeld waren Tausende Abänderungseinträge eingegangen. Vor allem große US-Online-Firmen sollen ihre Lobbying-Muskeln spielen lassen, um die Datenschutzregeln weiter aufzuweichen. Bürgerrechtsorganisationen und Datenschützer setzen ihre Hoffnungen auf den Protest der BürgerInnen.

Umfangreichste Gesetzesreform

Der Gesetzesvorschlag war im Jänner 2012 vorgelegt worden und soll die Richtlinie aus dem Jahr 1995 ablösen. Damit sollen die Datenschutzgesetze der 27 EU-Mitgliedsstaaten vereinheitlicht werden. Die Verordnung gilt als eine der umfangreichsten Gesetzesreformen der EU. Die vielen Abänderungsvorschläge bereiten den Datenschützer jedoch Kopfzerbrechen. Denn teilweise sollen EU-PolitikerInnen die Lobby-Papiere der US-Konzerne 1:1 abgeschrieben haben. Um die "Copy-Paste-Gesetzgebung" aufzudecken, wurde die Plattform LobbyPlag ins Leben gerufen.

Änderungsanträge

Die Änderungsvorschläge betreffen laut LobbyPlag unter anderem die erzwungene Zustimmung zur Datenverarbeitung, mildere Strafen bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht, geringerer Schutz für Pseudonyme, Speicherung sensibler Daten wie sexuelle Orientierung oder Vorstrafen etwa durch Kreditinstitute oder die Weitergabe von Daten an Dritte. Datenschützer fordern allgemein, dass BürgerInnen darüber informiert werden sollen, was mit ihren Daten passiert und der Weiterverarbeitung explizit zustimmen müssen.

BürgerInnen sollen PolitikerInnen mailen

Auf der neu gestarteten Seite Nakedcitizens.eu haben sich nun mehrere NGOs zusammengeschlossen, um über die geplanten Änderungen zu informieren. BürgerInnen werden aufgefordert, ihre EU-Abgeordneten (Mitglieder des Europäischen Parlaments, kurz MEP) noch vor der Abstimmung Ende Mai zu kontaktieren. Auch die Initiative Europe vs. Facebook hat eine Seite gestartet, auf der BürgerInnen die Kontaktadressen der Europa-PolitikerInnen und ihrer Regierungen herausfinden können. Der Verein digitalcourage e.V. hat ein Beispielmail veröffentlicht, das BürgerInnen dafür verwenden können.

"Entsetzt"

Für die BürgerrechtlerInnen ist es angesichts der baldigen Abstimmung höchste Eisenbahn, dass BürgerInnen aktiv werden. "Ich habe die über 3.100 Abänderungsanträge gelesen und bin über weite Strecken entsetzt", so Europe vs. Facebook-Initiator Max Schrems. Der EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht gab schon im Februar einen Einblick zu den Lobbying-Versuchen der Konzerne. Im Interview mit dem Standard sagte er, er hoffe noch viel Aufmerksamkeit bei den BürgerInnen gewinnen zu können, damit ihre Rechte in ihrem Sinne entschieden werden. (Birgit Riegler, derStandard.at, 2.5.2013)