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Der Raps blüht gerade, die Biosprit-Branche nicht.

Foto: APA/Federico Gambarini

Nach der Solar-Industrie dürfte es auch der deutschen Biokraftstoff-Branche an den Kragen gehen. Gegen die billigere Konkurrenz aus Asien und Südamerika, die vor allem Palm- und Sojaöl exportiert, kann sich die Öko-Energie-Branche nicht durchsetzen. Deutsche Branchenverbände sehen gar das Ende der Biosprit-Produktion noch vor dem Jahr 2020 voraus, sollte sich die EU-Kommission mit ihren Plänen zur CO2-Bilanzierung von Biokraftstoffen durchsetzen, berichtet die Tageszeitung "Welt".

Die EU-Kommission weigere sich, die deutsche Nachhaltigkeitszertifizierung anzuerkennen, große Teile der deutschen Rapsernte des Jahres 2012 waren dadurch unverkäuflich. Wegen der fehlenden Zertifizierung griffen Mineralölkonzerne auf argentinisches oder indonesisches Soja- und Palmöl als Basis für Biosprit zurück.

Biosprit wieder begrenzen

Generell will Brüssel den Einsatz von Biosprit begrenzen. Denn während vor einigen Jahren Kraftstoffe aus Pflanzen noch als grüne Alternative zu fossilen Brennstoffen galten, hegt auch die EU-Behörde nun Zweifel am ökologischen Sinn der Bio-Antriebsmittel. Künftig will sie die Folgen für Klima und Nahrungsmittelsicherheit stärker berücksichtigten.

So soll der Anteil von Biosprit aus Nahrungspflanzen im Verkehrsbereich bis zum Jahr 2020 auf fünf Prozent beschränkt werden, wie aus einem Vorschlag der EU-Kommission von vergangenem Herbst hervorgeht. Für Antriebsstoff aus Rüben, Mais oder Getreide könnte die staatliche Förderung auf Dauer wegfallen. Außerdem würde die Klimabilanz von Biosprit schlechter ausfallen.

Grund für den Kurswechsel beim einstigen Öko-Hoffnungsträger Biosprit ist seine ökologische Gesamtbilanz. Zwar ist etwa Raps ein nachwachsender Rohstoff - doch wenn für den Anbau ganze Waldgebiete abgeholzt werden, fällt die Klimabilanz womöglich nicht mehr positiv aus. Solche Effekte will die EU-Kommission bei der Umweltbewertung der Kraftstoffe künftig berücksichtigen.

ILUC

Das Schlagwort heißt indirekte Flächennutzungsänderung. Man habe laut EU-Kommission festgestellt, dass in einigen Regionen der Welt zwar nicht direkt landwirtschaftliche Fläche der Biokraftstoffproduktion gewidmet wird, zum Teil aber Waldflächen gerodet werden, um sie für diese Produktion zu verwenden. Zusammengefasst wird dies unter dem Kürzel "ILUC" (Indirekte Landnutzungsänderung).

Auf Kritik von allen Seiten ist Energiekommissar Günther Oettinger vorbereitet: "Es ist wie so oft: Den einen machen wir nicht genügend, den anderen zu viel." In der Tat würden die Industrie und die Agrarwirtschaft sagen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen ihre Planungen beinträchtigen würden. Nichtregierungsorganisationen wiederum sind die Maßnahmen nicht strikt genug: "Ich glaube wir gehen einen nachvollziehbaren Mittelweg, um getätigte Investitionen nicht zu zerstören." Er geht davon aus, dass in wenigen Jahren neue Erkenntnisse vorliegen und dann neue Vorschläge gemacht werden.

Als Alternative zu konventionellen Biokraftstoffen will die EU-Kommission auf Biokraftstoffe der zweiten oder dritten Generation setzen. Diese könnten etwa aus Algen, Abfall oder Stroh kommen.

Uneinige Energieminister

Die Energieminister der EU-Staaten zeigten sich im Februar diesen Jahres in Hinblick auf das von der EU-Kommission vorgeschlagene Biosprit-Ziel uneins. Bei einem EU-Ministerrat in Brüssel äußerten sich mehrere Länder kritisch dazu.

Die 5-Prozent-Obergrenze sei sinnvoll, sagte dagegen der stellvertretende österreichische EU-Botschafter Harald Günther. Mit den Fakten und Daten müsse aber eine ausführliche Auseinandersetzung geführt werden. Es könnten auch nicht alle Biokraftstoffe in einen Topf geworfen werden, da es substanzielle Unterschiede gebe. Österreich habe bereits einen Anteil von acht Prozent erneuerbarer Energien im Verkehrssektor erreicht und liege nahe dem 10-Prozent-Ziel der EU für 2020, sagte Günther. Bei Biokraftstoffen der ersten Generation aus Nahrungsmitteln liege der Anteil in Österreich bei 5,4 Prozent, der Rest entfalle auf Strom für die Bahn und Bio-Treibstoffe der zweiten Generation. Wichtig sei auch ein Investitionsschutz für bestehende Anlagen. (rom/APA, derStandard.at, 2.5.2013)