Bild nicht mehr verfügbar.

Im Oberlauf des Tay ziehen die Highlands an Raftern schnell vorbei. Erst wo der Fluss die spiegelglatte Oberfläche des Loch Tay bildet, bleibt Zeit, Kilt zu tragen.

Foto: Corbis / Jim Richardson

Bild nicht mehr verfügbar.

Flugverbindung Wien-Edinburgh zum Beispiel mit British Airways via London Heathrow. Der Veranstalter Prima Reisen bietet heuer besonders viele Schottlandreisen an: als komplette Rundreise, als Selbstfahrertour mit dem Auto, in Verbindung mit einer Schiffsreise und als geführte Wandertour. Weiterführende Informationen gibt's unter: www.visitbritain.com oder unter: www.visitscotland.com/de. Das Fremdenverkehrsamt Schottland hat 2013 zum "Jahr der Natur" erklärt - unter der oben angegebenen Webadresse findet man unter anderem zwölf passende Routenvorschläge.

Bild nicht mehr verfügbar.

Das Hotel Marriot Dalmahoy mit Country Club eignet sich für all jene, die in der Reichweite von Edinburgh (Kirknewton) und trotzdem in ländlichem Umfeld wohnen wollen - mit beeindruckendem Golfplatz; das Mains of Taymouth ist eine Cottageanlage in Kenmore, die ursprünglich als Bauernhof für das Schloss Taymouth errichtet wurde - für Selbstversorger, ebenfalls mit Golfplatz und eigenem Reitstall. Das Hotel Malmaison in Aberdeen besinnt sich auf sein urbanes Umfeld und kommt mit postmodernem Hirschgeweih im kühlen Kaminzimmer aus schwarzem Granit als Designerhotel daher.

Bild nicht mehr verfügbar.

Kontakt zu den im Text beschriebenen Outdoor-Anbietern und der kleinsten Destillerie Schottlands: Splash White Water Rafting bietet Gummiboot-Ritte auf dem Tay an - halbtags um umgerechnet rund 50 Euro pro Person: rafting.co.uk/tay1.htm. Ausreiten entlang des Tay kann man hier mit der Riding Society of Scotland und der British Horse Society - Info: www.perthshire.co.uk/ index.asp?tm=34; über diese Adresse werden auch Jeep-Safaris vermittelt. Die Destillerie Eddradour versteckt sich in den Hügeln oberhalb von Pitlochry - mit zehn Jahre alten Single Malts, die sich nicht verstecken müssen: www.edradour.com

Muss man sich um Schottland Sorgen machen? Immerhin raunt der Reiseleiter ständig etwas von "worry, worry". Er wartet am Flughafen und meint gleich zu Beginn, dass die anstehende Rundreise "worry, worry" interessant werden wird. Sie soll uns von Edinburgh über eine "worry, worry" große Autobahnbrücke über den Firth of Forth ins kummervolle Herz dieses offensichtlich leidgeprüften Landes führen.

Dort in den südlichen Highlands werden wir uns Gedanken über die "worry, worry" mannigfaltigen Naturschönheiten des Landes machen müssen. Wir werden von den im Süden seit Jahrhunderten gegen Schottland anrennenden Briten hören, von ermordeten Königinnen, Ausbeutung, Kriegen, Feldschlachten, wilden Bergstämmen, noch mehr Aufruhr und noch mehr Aufständen. Wir werden von separatistischen Bemühungen hören, die alte Besatzungsmacht endlich loszuwerden, was das mit den Ölvorkommen in der Nordsee zu tun hat und damit, dass die Schotten früher einmal eigentlich friedlich und weitgehend unbewaffnet in Pfahlbauten entlang des Flusses Tay gelebt haben.

Von ein paar folkloristischen Stammeskonflikten abgesehen: Alles ging gut, bis, ja, bis zum Beispiel auch im malerischen Landstrich Tayside, in dem wir uns jetzt flugs befinden, der Frieden ging und die Engländer kamen. Dort errichtete der Brite protzige Unrechtsbauten wie das Blair Castle, in das er allerlei Unsinn wie geschätzte 5000 ausgestopfte Wildtiere und eine Waffensammlung stopfte, mit der man einen Alteisenhandel gut vier Jahre am Laufen halten könnte. Die Briten führten dort übrigens speziell im 18. Jahrhundert ein Leben, das mit dem Begriff Dekadenz nur unzureichend beschrieben ist.

Außerdem schleppten sie die unter den Bäumen nicht gerade hoch im Kurs stehende ortsfremde Fichte ein. Sie diente bis zur Erfindung des Dampfschiffs aus Eisen dem Bau von Kriegsschiffen. Die Fichte wächst schnell, sie wächst alles zu. Man kennt das aus der Heimat. Mit Österreich verbindet die älteren bis sehr alten Schotten eine nicht ganz leicht zu erklärende Sympathie dafür, dass Österreicher auch schon gegen die Briten gekämpft haben. Aber das ist an dieser Stelle jetzt zu politisch.

Wie in Österreich wird auch in Schottland dank der vielen Flüsse, über die man naturgemäß ebenfalls in großer Sorge zu sein scheint, gern Sport im oder auf dem Wasser betrieben. Früher nannte man dies wohl so ähnlich wie "Eine Gruppe junger Männer, denen viel fad im Schädel ist, stürzt sich auf einem Floß ein Wildwasser hinunter". Heute bezeichnet man dies als White-Water-Rafting.

Gemütlich in Gummi

Nachdem man also seine mitteleuropäische Statur mühsam in etwas auftragende Neoprenanzüge, einen unsinkbaren Brustharnisch und Gummischuhe gezwängt hat und die nächsten Stunden hoffentlich nirgendwo hinmuss, um sich frisch zu machen, geht es bei eisiger Kälte mit einem Gummiboot den Tay hinunter. Das ist an und für sich sehr gemütlich. Mehr noch, es ist zum Bangewerden, also "worry, worry" gemütlich.

Das letzte, das wir sehen, bevor wir direkt auf einen Brückenpfeiler zufahren, sind die dünnen Beinchen unseres Reiseleiters, die unten aus dem Schottenrock herausragen. Merke: In Schottland wird ein Kilt ausschließlich von Leuten im Tourismusgeschäft getragen - oder von betrunkenen Amerikanern unter 30 Jahren auf der Suche nach ihren ethnischen Wurzeln. Beide Gruppen sind relativ leicht auseinanderzuhalten.

Zurück ins Boot: Unser Bootsmann scheint den Tick zu haben, die gemütliche Fahrt vorbei an Wochenendhäusern von Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling und anderen malerischen Hütten aus dem Bereich "Das wäre eine Superbude, wenn die Sommer hier etwas länger wären" dadurch aufpeppen zu wollen, dass er "worry, worry" strikt darin ist, Hindernisse auf keinen Fall zu umfahren. Für einen ehrlichen Kerl ist der direkte Weg immer der beste. Wir rumpeln durch Stromschnellen, über Felsen, in ein Gesäuse, das in der Mitte ein Loch zu haben scheint, in dem Teile des Flusses runter zur anderen Seite nach China zu fließen. Zur Beruhigung: Wenn man im Wildwasser untertaucht und einem das Herz stehenbleibt, zählt man langsam bis drei. Sobald das Herz wieder zu schlagen beginnt, ist meist alles in Ordnung.

Die Bitte, auf den Gummiwürsten des Bootes stehend zu balancieren, während wir dem Bootsführer Fragen aus der Millionenshow beantworten, müssen wir zumindest im Segment der älteren Mitreisenden leider ablehnen. Sie wird als billiger Trick durchschaut, dem nebenher in einem Kajak mit Kamerahelm fahrenden Begleiter einige knallige Filmsequenzen zu liefern, über die sich dann die Facebook-Freunde noch Wochen danach zerkudern.

Fachsprache für Eilige

Schottland ist an einem prächtigem Tag durch nichts zu ersetzen. Nach einer kleinen Erfrischung in zwei, drei allerletzten Stromschnellen, in denen das Boot absichtlich quergestellt und halb zum Kentern gebracht wird, was in der Fachsprache "Gesundenuntersuchung für Eilige" heißt, spüren wir schon eine Stunde später unsere Hände wieder und können damit die Straßenkleidung sachgemäß zuknöpfen. Es ist kein würdevoller Anblick, wenn Erwachsene mit offenen Hosen durch ein schottisches Dorf flanieren.

Selbstverständlich kann man die Tayside auch stilvoller erkunden. Auf einer Safari im Jeep wird man hinauf zu den Bergweiden der Angus-Rinder gefahren. Der Wind pfeift, Adler oder so etwas in der Art fliegen. Der Jeep droht öfter zu kippen, der Fahrer trägt Kilt. Wirklich "worry, worry" interessant gestaltet sich auch ein Reitausflug. Das mannshohe Pferd muss über eine Treppe bestiegen werden. Wieder entlang des Flusses Tay geht es neben einem Abhang in schwankendem Schritttempo dahin.

"Lou", das Pferd, scheint gutmütig zu sein. Zumindest ist es das Einzige in der Gruppe, das nicht von einem amüsiert grinsenden zehnjährigen Mädchen vom Reiterhof geführt wird. Aber eines Tages im Leben muss man für alles bezahlen, warum nicht beim Reitsport. Eine Stunde Reiten dauert in Schottland übrigens 90 Minuten. So vom Gefühl her.

Am Abend macht zuerst das drei Wochen lang abgehangene Angus-Steak Freude, danach sorgt man sich über das 2014 anstehende Referendum, das über die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien entscheiden soll. Es ist alles "worry, worry" kompliziert. Was viele Leser schon geahnt haben: In Schottland gibt es auch Whisky. Und zwar schottischen Whisky.

Während einer routinemäßig unternommenen Verkostung, die sich mit einer Teezeremonie in Asien vergleichen lässt, nur, dass Whisky mehr Spaß macht, erreicht einen auf dem Taschentelefon eine Nachricht aus der fernen Heimat. Die Frau hat sich den Knöchel gebrochen. Ob es denn unter diesen Umständen noch ein zweites Glas von diesem ganz speziellen "worry, worry" alten aus dieser sehr, sehr alten Destillerie aus der Umgebung sein dürfe, um die alle Einheimischen sehr besorgt scheinen? "Worry, worry" gern.

Keine störende Vegetation

Was man in Schottland nicht machen muss, die Natur ist schön genug, die Highlands sind sehr hübsch von störender Vegetation freigeräumt und die Schafe für Fotomotive höchst geeignet: Edinburgh bei Zeitmangel anschauen. Edinburgh ist nicht schlecht. Die Pubs sind selbst in der malerischen Altstadt typisch gehalten, das Kilt-Angebot in den Souvenir-Shops mannigfaltig, die obligate Burg thront die Hauptstraße hinauf sehr pittoresk auf einem Hügel. Die Hauptstraße runter und rein in den Bus ist aber auch okay.

Allerdings müssen wir jetzt noch über Aberdeen, das Ende der Reise, sprechen. In Aberdeen ist zwar Annie Lennox in die Schule gegangen und auch dieser eine weltberühmte Dichter, dessen Namen einem jetzt einfallen müsste. Doch trotz seiner Granitsteinbauweise und den Fassaden, die nach einem kräftigen Regen idealerweise in der Sonne à la "Paris des Nordens" oder so glänzen, verhält es sich dergestalt: Es macht einen doch stutzig, wenn als erster Höhepunkt einer Führung der winzige Stadtpark und als zweiter ein Friedhof besichtigt wird. Ansonsten ist Schottland sehr schön, es ist eine Reise wert.

Keine Ahnung, warum der Reiseleiter dauernd Kummer wegen seiner Heimat hat. Vielleicht deswegen: Beim Besuch der kleinsten Whiskybrennerei Schottlands, der Heimat des Edradour Single Malt in der Tayside, hörte man dem im Duktus eines alten Shakespeare-Schauspielers vortragenden Führer zu, wie er eine Befürchtung äußerte: Irgendwann in der Zukunft wird der Tag gehen und Johnny Walker kommen. Darüber kann einem "worry, worry" schlecht werden. (Christian Schachinger, DER STANDARD, Album, 27.4.2013)