Gesundheitsminister An dreas Lykourentzos muss sparen.

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Athen - Mit dem Plan für die Entlassung von 15.000 Beamten bis Ende nächsten Jahres und anderen Kürzungen hat die Koalitionsmehrheit im griechischen Parlament bei der letzten Sitzung vor den orthodoxen Osterfeiertagen auch ein neues System von Gutscheinen angenommen, das Nichtversicherten gratis eine ärztliche Untersuchung im Spital erlaubt. 200.000 Griechen sollen davon in den nächsten zwei Jahren profitieren.

Die Zahl der jungen und der Langzeitarbeitslosen in Griechenland, die keine reguläre Krankenversicherung mehr haben, wird auf bis zu 1,3 Millionen geschätzt. Im vierten Jahr der Krise organisieren sich Ärzte mittlerweile privat, um Menschen zu versorgen, die sich keine Ambulanzgebühr mehr leisten können, geschweige denn einen Besuch in einer Arztpraxis außerhalb der staatlichen Spitäler.

Dabei haben auch Ärzte und Krankenschwestern seit 2010 mehrmals Gehaltseinbußen hinnehmen müssen. Bei etwa 1500 Euro liegt derzeit das Einkommen für einen jungen Krankenhausarzt, Nacht- und Wochenddienste inklusive - sofern das Spital auch zahlt: Im März und April gingen die Krankenhausangestellten auf die Straßen, um ihr Gehalt einzufordern, das zum Teil seit Monaten nicht gezahlt wurde.

Gespart wird auch an Medikamenten, allerdings vor allem durch die Verwendung von preisgünstigeren Generika. Seit 2009 sanken die Ausgaben für Arzneien um die Hälfte - von 5,28 Milliarden auf 2,9 Milliarden Euro 2012; zwei Milliarden Euro ist das Ziel für 2014. Die EU-Kommission verspricht sich vom Verkauf von Medikamenten in Supermärkten weitere Preissenkungen. Die Idee stößt auf Widerstand der Apotheken, die sich durch Lizenzregelungen und Öffnungszeiten an nur vier bis fünf Tagen in der Woche bisher ein relativ einträgliches Dasein leisteten.

Die Krise im Gesundheitswesen hat den Faschisten der Partei Goldene Morgenröte eine neue Bühne verschafft. Sie organisieren nun immer wieder landesweite Kampagnen zum Blutspenden "nur für Griechen". Die Ärzte nehmen die Konserven und versichern, jeder, der sie braucht, bekommt sie auch - ob Grieche oder Ausländer.

Eine neue Umfrage bestätigt die Radikalisierung der griechischen Politik. Das linksgerichtete Bündnis Syriza liegt in Führung; derzeit würden 29,5 der Wähler die Allianz von Linkssozialisten, Trotzkisten und Reformkommunisten wählen. Die Faschisten sind mit 13 Prozent drittstärkste Kraft nach den regierenden Konservativen der Nea Dimokratia. Wären jetzt Wahlen, hätte Premierminister Samaras keine Mehrheit für die Regierungsbildung. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 30.4.2013)