Protest gegen den besorgten Erzieher: Aleksandra Kurzak (als Marie) und Carlos Alvarez (als Sulpice). 

Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien - Schön, da auch etwas überraschend, wie viel Theaterleben in so einer opernhaften Wiederaufnahme schlummern kann. Wobei: Regisseur und Kostümbildner Laurent Pelly hat bei seiner Version der Fille du régiment seinerzeit vorgesorgt, also nachhaltig darauf hingearbeitet, dem Regiespaß eine comichafte Grellheit zu implantieren, die nicht so einfach zu neutralisieren wäre. Er setzt den "Kriegern" gern Kochtöpfe auf, bestückt sie mit Heugabeln. Und schließlich darf sogar ein Panzerchen (eher Erster Weltkrieg) auf die Bühne, um massig für Argumente zu sorgen.

Vor allem bei der Hauptfigur ist auch bezüglich Substanz etwas gelungen: Wie ein Mix aus Max/Moritz und Pippi Langstrumpf ist diese Marie, bei der sich das gesamte Regiment väterliche Gefühle entfaltet. Sopranistin Aleksandra Kurzak gibt das so derbe wie zerbrechliche Mädchen (mit den deftigen Sprüchen) virtuos. Sie singt bisweilen (absichtlich) herrlich falsch und wird mit ihren klobigen Bewegungen zu einer Verwandten von Offenbachs Olympia. Schöner lässt sich trotzige Erziehungsverweigerung nicht demonstrieren.

Kurzak hat nicht die größte aller Stimmen. Wie sie jedoch ihre exakte Koloratur- und Spitzentonarbeit mit den Witzanforderungen vereint, lässt sie als premierenwürdige Figur erscheinen. Um sie herum: ein profunder und fürsorglicher Carlos Alvarez (als Sulpice) und ein vokal wie auch sonst nicht unbedingt wendiger John Tessier (als Tonio). Zudem hatten Aura Twarowska (als Marquise) einen guten und Kiri Te Kanawa (als Duchesse) einen charmanten Auftritt.

Das Staatsopernorchester unter Dirigent Guillermo García Calva klang etwas gewöhnlich. Dem Bühnenleben stellte es also eine gewisse Leblosigkeit des Klanges entgegen, die nur in Richtung Derbheit ausgeweitet wurde. Da scheppert es von rechts, da fliegt eine Flöte übertrieben und ohne Mehrwert keck über den Orchesterklang, oder man muss den Sängern bisweilen kollektiv etwas hinterherhecheln. Kurzum: Das war orchestral nicht auf der Höhe dessen, was sich szenisch tat. Schade. Der Applaus war hingegen in Summe beachtlich. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 30.4./1.5.2013)