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San Marinos Banken dürfen das Bankgeheimnis vorerst behalten. Österreich selbst will bis zum EU-Gipfel am 22. Mai eine Einigung über den automatischen Informationsaustausch.

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Wien - Der Zwergstaat Andorra übt auf Steuerhinterzieher eine magische Anziehung aus. Das in den Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien gelegene Fürstentum verfügt über einen Bankensektor, der fünfmal größer ist als die Wirtschaftsleistung des Landes. Laut Tax Justice Network, das den weltweiten Kampf gegen Steuerhinterziehung beobachtet, ist Andorra ein weit verschwiegenerer Finanzplatz, als es Österreich je war. Das Land hat zwar mit der EU ein Steuerabkommen geschlossen. Doch das Bankgeheimnis blieb darin unangetastet.

Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Mit dem Einlenken Österreichs beim Bankgeheimnis für EU-Steuerausländer wird der Weg für den verstärkten Kampf gegen Hinterziehung in der EU frei. Doch die Auswirkungen auf intransparente Finanzplätze außerhalb der Union werden vorerst bescheiden ausfallen. Neben Andorra gehören San Marino, Liechtenstein, Monaco und die Schweiz zu jenen fünf Nicht-EU-Ländern, in denen das Bankgeheimnis weiter gilt. Die EU möchte in den kommenden Monaten mit diesen Kleinstaaten neue Steuerabkommen schließen. Dafür ist nach der Entscheidung Österreichs der Weg frei.

G-20 fordern Transparenz

In den Steuerabkommen geht es um die EU-Zinsrichtlinie. Diese regelt den automatischen Informationsaustausch von Kontodaten in der EU und soll die grenzüberschreitende Besteuerung von Unionsbürgern ermöglichen. Die EU hat mit zahlreichen Drittstaaten Abkommen auf Basis der Richtlinie geschlossen. Die Systeme in und außerhalb der Union unterscheiden sich aber: In der EU werden Kontodaten getauscht. In Drittländern dagegen wird von Kapitalerträgen der EU-Bürger eine Quellensteuer abgezogen. Kontoinformationen leiten die Schweiz und Co bisher nicht weiter.

Da die Zinsrichtlinie voller Schlupflöcher ist, hat die Kommission eine überarbeitete Version vorgelegt, die nun auch mit den Drittländern ausverhandelt wird. Doch dieses Abkommen hält an der Quellenbesteuerung fest.

Damit wird ein altes Horrorszenario für Österreichs Finanzministerium und die Banken wahr: Bisher hat man das Bankgeheimnis in Brüssel mit dem Argument verteidigt, dass es keinen Sinn mache, wenn Österreich es allein aufgibt. Wenn, sollten alle mitziehen. Viele Beobachter hat es daher überrascht, dass Österreich als Bedingung für die Abkehr vom Bankgeheimnis nicht die Forderung nach gleichen Spielregeln für alle erhoben hat. Das Umfeld wäre günstig gewesen. Durch das Offshore-Leaks-Projekt ist der Druck auf Länder mit Bankgeheimnis gestiegen. Die G-20 haben den automatischen Austausch erst vergangene Woche zum künftigen globalen Standard erklärt.

Transparenz bei Trusts

Doch Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) wollten es anders: In ihrer Erklärung vom Freitag fordern die beiden allgemein mehr Transparenz bei Trusts - was mit der neuen Zinsrichtlinie ohnehin kommt. Zudem verlangen sie, dass der OECD-Standard zur Steuerkooperation auch mit Drittländern gelten soll - eine ebenso unbestrittene Position. Auch ihr dritter Wunsch, wonach Österreichs Schwarzgeldabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein möglichst unberührt bleiben sollen, ist kein wirkliches Streitthema, solange Wien nicht auf die vollen Abkommen pocht.

Warum wird also nicht volle Transparenz für alle verlangt? Im Bundeskanzleramt heißt es, man wollte Österreich rasch aus dem Schussfeld nehmen und sich nicht durch Vorbedingungen neuer Kritik aussetzten. Aber auch Österreichs Steuerabkommen mit Liechtenstein und der Schweiz dürften zum Problem geworden sein: Österreich müsste nun, wo der Wind beim Bankgeheimnis gedreht hat, auf Transparenz drängen, kann dies aber schwer, weil die Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein selbst auf Anonymität basieren.

Ob und wie viel von den 53 Milliarden Euro an ausländischen Einlagen auf heimische Konten abfließen, ist laut Experten unklar. Der Steuerrechtler Mark Morris meint, dass Schweiz und Liechtenstein nun die attraktiveren Oasen seien. Allerdings wächst innerhalb der Schweiz ebenfalls der Druck auf die Banken, kein neues Schwarzgeld anzunehmen. (András Szigetvari, DER STANDARD, 29.4.2013)