Die Bundesregierung hat im letzten Moment die völlige Blamage in Sachen EU und Bankgeheimnis abgewendet und Lösungskompetenz bewiesen.

Wäre der Brief von Finanzminister Maria Fekter mit den harten, zum Teil unannehmbaren Bedingungen für ein EU-Verhandlungsmandat mit Drittstaaten tatsächlich in Brüssel eingelangt, dann hätte sich Österreich in einer sehr unangenehmen Position wieder gefunden – als Verhinderer einer  gemeinsamen Politik, die für Länder wie Deutschland und Frankreich zum zentralen nationalen Interesse geworden ist.

"Lachnummer"

Wäre der Streit in Wien noch lange weitergangen, dann wäre Österreich tatsächlich als „Lachnummer" dagestanden, als europäischen Problembär, den man dennoch nicht ernstnehmen müsse. Die von Werner Faymann und Michael Spindelegger formulierte Stellungnahme verhindert beide Szenarien. Österreichs Wünsche werden darin klar formuliert, ohne dass der Entscheidungsprozess der EU-27 gebremst wird. Vor rund zwei Wochen, als Luxemburg seine Position zum automatischen Informationsaustausch gedreht hat, hätte die Regierung mit einer solchen Erklärung sogar eine ganz gute Verhandlungsposition erzielt. Heute muss sie hoffen, dass die österreichischen Verhandler in Brüssel möglichst wenig auf ihre Sonderwünsche angesprochen werden und die Angelegenheit schnell vergessen wird.

Denn wenn sich ein Land allein gegen die übrigen EU-Partner stellt, braucht es viel politisches Kapital auf, das dann bei anderen, möglicherweise wichtigeren Themen fehlt. Die jüngste Erklärung betrifft vorerst einmal die EU-Verhandlungen mit Drittstaaten. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis Österreich auch dem automatischen Datenaustausch innerhalb der EU beitritt, wie es Luxemburg für 2015 angekündigt hat. Weiterer Widerstand bei diesem Punkt wäre aussichtslos. Je früher hier Österreich dem Beispiel Luxemburg folgt, desto besser.

Die Streitbeilegung zwischen SPÖ und ÖVP ist vor allem Vizekanzler Spindelegger zu verdanken, der sich gegen seine Parteifreundin Fekter und auf die Seite Faymanns gestellt hat. Das war im Interesse des Landes und auch der Partei. Denn Fekters Position war unhaltbar, und ein späteres Einlenken wäre noch peinlicher gewesen.

Schwäche als Parteichef

Allerdings hat die ganze Affäre auch Spindeleggers Schwäche als Parteichef offengelegt. Schon vor einigen Wochen hat Spindelegger der von Faymann skizzierten Lösung – Bankgeheimnis nur für Inländer, nicht für Ausländer – zugestimmt. Dass Fekter es sich leisten konnte, danach auf eine andere Position zu beharren, zeigt, wie wenig man sich in der ÖVP vor dem Bundesobmann fürchtet. Dennoch muss sich Fekter nun fragen, wie es mir ihr weitergeht. Ihr Ruf als kompetente Ministerin  ist beschädigt, und sie wurde von Spindelegger durch die Kehrtwende auch persönlich desavouiert. Dass sie seit dem Bekanntwerden des Brief-Entwurfs am Donnerstag untergetaucht ist, schwächt ihre Position noch weiter.

Wahrscheinlich wird Fekter als Finanzministerin weitermachen, denn ein Wechsel so kurz vor den Nationalratswahlen wäre ein Eingeständnis, dass die Partei in einer ihrer wichtigsten Personalentscheidungen einen Fehler gemacht hat. Aber sie ist nunmehr Ministerin auf Abruf – und hat dies ganz allein ihrem Starrsinn und fehlendem Fingerspitzengefühl zuzuschreiben.

Nicht nur Diplomatie, auch Politik ist die Kunst des Möglichen. Wer sich ins Unmögliche verrennt, hat dort kein langes Leben. (Eric Frey, derStandard.at, 27.4.2013)