Im Science-Fiction-Film "District 9" werden die außerirdischen Besucher in Flüchtlingslager gepfercht. Terrestrische Gastfreundschaft sollte anders aussehen, meinen Anthropologen. (Foto: AP/Sony Pictures)

Erst kürzlich haben Wissenschafter erdähnliche Exoplaneten vorgestellt, die zumindest theoretisch auch Leben beherbergen könnten. Viele Astronomen schließen aus den Entdeckungen der letzten Jahre, dass es dort draußen tatsächlich auch Leben gibt - und vielleicht sogar Intelligenz. Die große Frage ist nun: Wie geht die Menschheit damit um, wenn dieses sicherlich sehr fremdartige intelligente Leben vor unserer Haustüre auftauchen sollte? Die zahllosen Filme, die zu diesem Szenario gedreht wurden, geben vermutlich keine guten Handlungsvorbilder ab. Kompetentere Vorschläge kommen dagegen von scheinbar unerwarteter Seite: Anthropologen seien wohl die idealen Ratgeber, wenn es um den Kontakt mit extraterrestrischen Wesen geht, meint Jim Funaro.

Er ist selbst Angehöriger dieser Zunft und liefert stichhaltige Argumente für seine These: Die jahrzehntelange Felderfahrung im Umgang mit fremden oder isolierten Völkern mache Anthropologen zu den wohl am besten vorbereiteten Wissenschaftern für einen Erstkontakt mit Außerirdischen, die in unserem Orbit auftauchen. Wichtigste Regel sei hier wie dort: Setze rein gar nichts voraus. Der Blog io9.com holte deshalb Expertenrat bei Anthropologen ein und stellte einigen von ihnen die Frage: "Was tun, wenn in der Erdumlaufbahn ein fremdes Raumschiff auftaucht und kein feindliches Verhalten zeigt?"

Gastfreundlichkeit ist Trumpf

Grundsätzlich sollte sich die Menschheit in einem solchen Szenario gastfreundlich verhalten, so der Grundtenor. Problematisch wird es vermutlich, wenn es darum geht, miteinander zu kommunizieren. Der Anthropologe David Graeber bringt es auf den Punkt: "Wir haben absolut keine Vorstellung davon, wie fremdartig sie tatsächlich sind. Nehmen wir Delfine als Beispiel: Sie scheinen über eine Art Sprache zu verfügen, aber selbst in 50 Jahren der Forschung haben wir noch nicht einmal herausgefunden, aus welchen Einheiten diese Sprache bestehen könnte. Dabei leben wir auf dem selben Planeten wie sie." Wenn es um die erste Kontaktaufnahme geht, sieht Graeber daher den Ball eher im Spielfeld der Besucher. Immerhin dürften sie uns einiges voraus haben.

Andere Anthropologen sehen das Problem in diesem Szenario ganz woanders: Kathryn Denning und einige ihrer Kollegen halten eine potenzielle Ankunft von Aliens für weniger unplausibel als die Annahme, die Menschheit würde in einem solchen Fall vernünftig und als Einheit auftreten. Die einzelnen Staaten würden vermutlich das tun, was sie selbst für richtig halten und in ihrem eigenen Interesse handeln. Jim Funaro schlägt in die selbe Kerbe. Er äußert starke Zweifel daran, dass es eine aus der Science Fiction wohl bekannte "vereinigte planetare Kultur" auf der Erde jemals geben wird. Wenn Außerirdische auf unserer Türschwelle stehen sollten, dann werden sie vermutlich wenig von der Diversität der Erdbevölkerung mitbekommen, meint der Anthropologe. "Sie werden wohl nur mit den Reichen und Mächtigen zusammen kommen."

--> io9.com: "Anthropologists explain how to approach aliens parked in Earth orbit"

(red, derStandard.at, 30.04.2013)