Auch in zahlreichen Plakat-Adaptionen machen die User ihrem Unmut Luft.

Foto: via Tobias Gillen

Mit der Bestätigung, dass künftig beim Erreichen eines gewissen Datenverbrauchs die Bandbreite gedrosselt wird, hat sich die Deutsche Telekom den Ärger zahlreicher Nutzer zugezogen.

Ende für Flatrates bei Neukunden

Wer künftig ein Angebeot der Deutschen Telekom mit einer Bandbreite von bis zu 16 Mbit/s in Anspruch nimmt, darf 75 Gigabyte mit voller Geschwindigkeit versurfen, danach wird die Bandbreite auf 384 Kbit/s gedrosselt - was circa der dreifachen Geschwindigkeit des Ende der 90er Jahre aktuellen ISDN-Standards (bei Kanalbündelung) entspricht. Anspruchsvollere Dienste wie Youtube lassen sich mit dieser Geschwindigkeit kaum nutzen. De facto bedeutet das ein Ende der sogenannten Flatrates.

Anschlüsse mit höherem Datendurchsatz erhalten höhere Grenzwerte. Wer via VDSL mit bis zu 50 Mbit/s unterwegs ist, darf 200 Gigabyte laden, bei bis zu 100 Mbit/s sind es 300 Gigabyte und wer via Glasfaser auf 200 Mbit/s kommt, dem stehen 400 Gigabyte zu, bevor die Drosselung aktiv wird. Über die Internetverbindung laufende Zusatzangebote der Telekom, darunter Entertain-IPTV oder VoIP, werden separat verrechnet und scheinen in der Trafficstatistik nicht auf, wie bei Heise erklärt wird.

Eigene Dienste werden priorisiert

Die neue Vertragsklausel wird per 2. Mai eingeführt und gilt, zumindest vorerst, nur für Neukunden. Für Bestandskunden ändert sich also erst einmal nichts. Auch die tatsächliche Durchführung der Bandbreitenlimitierung steht noch in Frage. Die Vertragsklausel räumt der Telekom das Recht auf die Bandbreitenbeschneidung zwar ein, legt aber keinen Automatismus fest. Da man aber vorhat, zusätzliches Datenvolumen käuflich erwerbbar zu machen, liegt eine Einführung nahe.

Ebenfalls plant die Telekom die Einführung einer Dienst-Priorisierung für eigene Angebote. Diese werden also künftig beim Datenverkehr "vorgereiht" und arbeiten somit schneller als andere Angebote, die dem Unternehmen möglicherweise nicht genehm sind.

Umsetzung ab 2016 in Aussicht

Bis 2016, so die eigene Prognose der Telekom, sollte sich für die Betroffenen erst einmal nichts ändern. Denn bis dahin soll die technische Realisierung andauern, zitiert Heise. Für Businesskunden gilt die Volumensbegrenzung nicht. Argumentiert werden die Änderungen von der Telekom unter anderem mit den Kosten des weiteren Netzausbaus, etwa im Bereich der Glasfaserinfrastruktur.

Von verschiedenen Seiten, etwa der Piratenpartei und der Digitalen Gesellschaft, hagelt es Kritik. Bemängelt werden die Einschränkung der Nutzerfreiheit und ein Angriff auf die Netzneutralität.

Bei Kabel Deutschland bereits in Kraft

Eine Bandbreitendrosselung gibt es bereits bei einem anderen Provider, Kabel Deutschland, wo sie jedoch anders umgesetzt ist. Kabel Deutschland ist laut Vertrag berechtigt, einem Kunden bei einem Download von mehr als zehn Gigabyte pro Tag bis zum Ende des Tages den Datendurchsatz für Filesharingprotokolle auf 100 Kbit/s zu begrenzen. Angewandt wird das in der Realität aber erst ab 60 Gigabyte, aktuell ist nach Angaben des Unternehmens ein Promille aller Kunden davon betroffen.

Reaktionen anderer Provider

Auch bei Vodafone gab es Gerüchte über ähnliche Pläne. Der Telekom-Konkurrent dementierte das jedoch und schließt die Einführung einer Drosselung derzeit aus. Auch 1und1 hat mittlerweile verlautbart, keiner derartigen Pläne zu verfolgen. KabelBW nutzt den Aufruhr indes, um mit einem eigenen Angebot in die Offensive zu gehen. "Wir werden 400 Mbit/s ohne Drosselung anbieten", verspricht der Betreiber laut Golem.

Aufstand gegen "Drosselkom"

Bei Facebook, Twitter und Co. rumort es derweil kräftig. User des Microblogging-Dienstes ziehen unter dem Hashtag #Drosselkom gegen den "roten Riesen" zu Felde. Von "Zweiklassen-Internet" ist die Rede, eine maximale wöchentliche Kundenobergrenze für Telekom-Shops wird scherzhaft gefordert, und mit dem gleichnamigen Konto @Drosselkom erfreut sich auch ein Satireaccount steigender Beliebtheit.

Auf der Facebook-Seite der Deutschen Telekom haben sich mittlerweile zahlreiche Kunden und Nichtkunden eingefunden, um dort ebenfalls ihren Unmut kundzutun. Neben der Aufregung über das eigentliche Vorhaben nutzen viele die Gelegenheit, um auch andere Probleme mit dem Dienstleister zu thematisieren. Auch die Leitungen der Servicehotline des Unternehmens dürften derzeit glühen.

Blogger Tobias Gillen hat weitere Reaktionen gesammelt. Darunter ein umgebautes Werbeplakat der Telekom mit dem Slogan "Mit Modemgeschwindigkeit durchs Netz humpeln" und der Song "Das ist einfach kaputt". Ein Storify-Stream dokumentiert zudem weitere Kommentare auf Twitter.

Österreich

Der WebStandard hat eine Anfrage an vier österreichische Provider lanciert, um zu erfahren, ob es dort eventuell ähnlich geartete Vorhaben in Sachen Volumensbegrenzung gibt. Von A1 heißt es, dass man derzeit keinen Vorstoß in diese Richtung plane.

Bei der Salzburg AG ortet man hohe Netzauslastung und steigenden Bandbreitenbedarf bei der Kundschaft und hat nach eigenen Angaben kürzlich 1,5 Millionen investiert, um dem gerecht zu werden. Kunden sind einer Fair-Use-Regelung unterworfen, diese wird aktuell aber nicht exekutiert. Es gibt auch keine Pläne, Bandbreitendrosselungen nach einem Verstoß gegen diese vorzunehmen, ebenso wie man derzeit auch nicht an die Priorisierung eigener Dienste denkt.

Die UPC betont, "keinerlei Überlegungen in dieser Hinsicht" anzustellen. Weder gäbe es Pläne für etwaige Drosselungen, noch hat man vor, bestimmte Dienste im eigenen Netz zu priorisieren. Auch die Tele2 hat, so ein Vertreter des Unternehmens, nicht vor, volumsgebundene Bandbreitensenkungen oder die technische Priorisierung bestimmter Dienste vorzunehmen. (Georg Pichler, derStandard.at, 23.4.2013)