Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und des Leibniz-Instituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) haben eine Substanz entdeckt, die die Wassereinlagerung in Körpergewebe und damit die Bildung von Ödemen verhindern kann. Die Ergebnisse könnten künftig für die Behandlung der exzessiven Wassereinlagerung bei Patienten mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz) von Bedeutung sein.

Zugleich haben die Forscher mit einem neuartigen Forschungsansatz einen neuen molekularen Regulierungsmechanismus des Wasserhaushalts in der Niere entdeckt, hieß es vor kurzem in einer Aussendung des Berliner Forschungszentrums zu der Studie, die im (Journal of the American Society of Nephrology) erschienen ist.

Schlüsselrolle bei der Regulierung des Wasserhaushalts

Täglich fließen  rund 1.500 Liter Blut durch die Nieren. Daraus filtern diese zunächst 180 Liter Primärharn, den sie auf zwei Liter konzentrieren und dann ausscheiden. Das geschieht wesentlich dadurch, dass das Gehirn das Hormon AVP (Arginin-Vasopressin) ausschüttet. Dieses Hormon gibt den Startschuss für eine mehrere Schritte umfassende Signalkaskade in der Niere, die auf Wasserkanäle (Aquaporine) und vor allem auf das Aquaporin-2 einwirkt. "Die Wasserkanäle, insbesondere Aquaporin-2, und ihre Verlagerung, spielen eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des Wasserhaushalts", erklärte Studienleiter Enno Klußmann.

AVP, das zum Beispiel bei Durst im Gehirn aktiviert wird, veranlasst, dass Aquaporin-2 in den Hauptzellen der Sammelrohre der Niere aus dem Zellinneren in die Plasmamembran wandert. Das an der Membran vorbei fließende Wasser aus dem Primärharn können die Nierenzellen über Aquaporin-2 dann heraus filtern, so Klußmann weiter: "Damit die Nierenzelle nicht platzt und der Körper nicht austrocknet, wird das Wasser über eine andere Gruppe von Wasserkanälen, die Aquaporine 3 und 4, in das Blut und das Körpergewebe zurück geleitet. Diese Wasserkanäle sitzen im Gegensatz zu Aquaporin-2 ständig in der Plasmamembran der Nierenhauptzellen, und dort auch an einer anderen Stelle". Ist der Durst gelöscht, vermindert sich das Hormon AVP und Aquaporin-2 geht zurück in das Innere der Nierenzelle.

Bildung von Ödemen durch zu hohen AVP-Spiegel

Ist der AVP-Spiegel jedoch zu hoch, wie das zum Beispiel bei Patienten mit Herzinsuffizienz der Fall ist, befindet sich Aquaporin-2 dauerhaft in der Plasmamembran der Nierenhauptzelle und leitet das Wasser ständig aus dem Primärharn in die Nierenhauptzellen des Sammelrohrs. Diese Zellen führen das überschüssige Wasser in das Körpergewebe ab. "Dieser Prozess trägt zur Bildung von Ödemen bei", erläuterte Klußmann.

Den Wissenschaftern gelang es jetzt, mit einem neuen Forschungsansatz einen Hemmstoff zu finden, der die Verlagerung des Wasserkanals Aquaporin-2 in die Zellmembran verhindert. Die Forscher hatten "small molecules" eingesetzt, niedermolekulare Wirkstoffe, die aufgrund dessen, dass sie sehr klein sind, gut in Zellen eindringen. Auf Nierenzellen testeten sie 17.700 solcher Substanzen und filterten dabei letztlich eine Substanz heraus, welche die Wanderung von Aquaporin-2 in die Plasmamembran der Nierenzellen blockiert.

Die Substanz (4-Acetyldiphyllin) unterbindet einen wichtigen biologischen Regulierungs- und Aktivierungsschritt, die Phosphorylierung. Das heißt, ein von einem Signalmolekül (cAMP) in der Signalkette aktiviertes Protein (Proteinkinase A) kann an das Aquaporin-2 keine Phosphatgruppe mehr anhängen, mit dem Resultat, dass die Wasserkanäle nicht mehr in die Plasmamembran wandern können. (APA/red, 23.4.2013)