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Der syrische Oppositionsführer al-Khatib beim Treffen der "Freunde Syriens" in Istanbul. Die Gruppe hält an einer politischen Übergangslösung fest, doch es gibt Meinungsverschiedenheiten.

Foto: Reuters/Goktepe

Beim Treffen der Unterstützergruppe der syrischen Opposition in Istanbul haben sich die USA einmal mehr dem Ruf nach Waffenlieferungen widersetzt. Indirekt drohte der US-Außenminister aber Damaskus mit einer solchen Entscheidung schon "in den nächsten Tagen".

90 Minuten hätte im Prinzip das Treffen der elf Außenminister dauern sollen, hoch über dem Bosporus in einem ehemaligen Sultanspalast. Als John Kerry im Schlepptau seines türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu vor die Mikrofone tritt, ist es schon ein Uhr morgens. Der US-Außenminister spricht von einem "kritischen Punkt", an den der Krieg in Syrien angelangt sei. Er meint die Scud-Raketen, mit denen das Regime auf seine Bevölkerung feuert, den vermuteten Einsatz von Chemiewaffen. Doch "kritisch" ist längst auch schon die Stimmung am Tisch der "Freunde Syriens", der Außenminister aus den USA, der EU, der Türkei und den arabischen Unterstützerstaaten.

Teilnehmer des Treffens im Adile-Sultan-Palast in der Nacht von Samstag auf Sonntag berichteten von einer "offen geführten" Diskussion. Die Meinungsunterschiede vor allem zwischen den Europäern und den USA auf der einen Seite und Saudi-Arabien und Katar auf der anderen Seite seien zutage getreten und hätten sich später bei einem gemeinsamen Essen mit den Führern der Syrischen Nationalen Koalition (SNC) fortgesetzt. Laurent Fabius, der französische Außenminister, ist der Einzige, der nicht bis zum Ende bleibt.

Auch die türkischen Gastgeber machen Druck und wollen endlich die Wende in der syrischen Krisendiplomatie. "Wir sagen: Genug ist genug. Dieses Massaker muss aufhören", mahnte Davutoglu vor der Presse: Es geht um einen Korridor zur Lieferung humanitärer Hilfe, um eine Flugverbotszone für die Luftwaffe des syrischen Regimes, um offizielle Waffenhilfe an die Opposition.

Im Kommuniqué der elf Außenminister, einer offenbar deutlich überarbeiteten Erklärung des Entwurfs, den der türkische Außenminister vorgelegt hatte und der weitere Diskussionen nach sich zog, ist von all dem nicht die Rede. Dennoch präsentiert John Kerry in Istanbul neue Beschlüsse.

Washington verdoppelt Hilfe

Die US-Regierung wird ihre Hilfe für die Assad-Gegner verdoppeln von 127 Millionen Dollar "in den vergangenen Monaten" auf nunmehr 250 Millionen Dollar, umgerechnet 192 Mio. Euro, so kündigte Kerry an. Alle Hilfe werde künftig nur noch über den Obersten Militärrat laufen, das Kommando, das den Großteil der Rebellenkräfte in Syrien repräsentieren soll. Dabei geht es um "nicht-tödliche" militärische Lieferungen. "Schutzwesten" nannte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle später als Beispiel. Neben Kleidung, Essen oder Werkzeugen fallen im Allgemeinen auch Transportfahrzeuge unter diese Kategorie.

Kerry wie auch die Europäer hoben hervor, dass die "Freunde Syriens" weiter am Prinzip einer politischen Übergangslösung und ohne Beteiligung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad und dessen enger Vertrauten festhalten. So steht es auch im Kommuniqué. Die Hoffnung sei, dass  Damaskus dieses Prinzip annehme, sagte Kerry. Sei dies aber nicht der Fall, würden andere Ankündigungen zur Unterstützung der  Nationalen Koalition notwendig sein, erklärte der US-Außenminister – und zwar "innerhalb der nächsten Tage".

Dies ließ sich als indirekte Drohung mit der Waffenhilfe für die Assad-Gegner verstehen. Von ihnen hatten Europäer und Amerikaner ein klares Bekenntnis gegen die Extremisten im Lager der Rebellen verlangt. Die SNC kam dem nach und schrieb es so in ihr Kommuniqué zum Istanbuler Treffen. Dennoch erklärte SNC-Präsident Muaz al-Khatib am Ende im Beisein von Kerry und Davutoglu: "Die einzige terroristische Bewegung in Syrien ist das Regime."  (Markus Bernath aus Istanbul  /DER STANDARD, 22.4.2013)