Die Zukunftspläne der Grünen gefallen Tirols Landeschef Günther Platter, aber reden will er mit allen.

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STANDARD: Auf dem Tiroler ÖVP-Parteitag sind Sie als Einziger namentlich auf dem Stimmzettel gestanden und haben 98,3 Prozent aller Delegiertenstimmen erhalten. Wie fühlen Sie sich?

Günther Platter: Ich wurde in einer geheimen Abstimmung mit 98,3 Prozent gewählt. Das zeigt die Geschlossenheit der Partei und gibt einen enormen Rückenwind für die finale Wahlauseinandersetzung, bei der es mir um die Zukunftsthemen geht. Ich beteilige mich nicht an Schlammschlachten.

STANDARD: Tirol steht gut da, das sagen Sie auch immer wieder öffentlich. Gibt es irgendein Thema, das in der vergangenen Legislaturperiode nicht zufriedenstellend abgearbeitet wurde?

Platter: Tirol hat die geringste Arbeitslosigkeit aller Regionen in Europa. Das sage nicht ich, sondern Eurostat. Aber auch bei der Finanz- und Gesundheitspolitik haben wir eine gute Bilanz aufzuweisen. Grundsätzlich ist alles aufgegangen. Bis zum Brennerbasistunnel, was uns eigentlich niemand zugetraut hat. Die Frage der Agrargemeinschaften hätte ich mir erwartet, rascher zu lösen. Wir haben auf Basis des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses eine neue gesetzliche Grundlage beschlossen (Anm.: Geld aus Schottergruben, Skipisten, Pachten geht an die Gemeinden). Aber bei diesem Paradigmenwechsel, der zweifellos vorhanden ist, sind auch Hardliner unterwegs, die eine behördliche Umsetzung schwierig gemacht haben. In einem Rechtsstaat ist das aber natürlich möglich. Man kann niemandem verbieten, dass er durch die rechtlichen Instanzen geht. Da hätte ich mir erwartet, dass es rascher geht.

STANDARD: Die Hardliner sind auch Teil der ÖVP ...

Platter: Da geht es um einen Interessenkonflikt, nicht um eine Partei. Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs umzusetzen, das steht für mich außer Frage. Und ich bin der erste Politiker, der das angegangen ist. Man hätte das wesentlich früher machen können.

STANDARD: Sie sind in der ÖVP entgegen Parteilinie ein Befürworter der Gesamtschule. Kürzlich hat Ihnen sogar SPÖ-Ministerin Claudia Schmied Durchhaltevermögen gewünscht. Bleiben Sie standhaft?

Platter: Ich lasse mich hier nicht von meinem Weg abbringen. Für mich steht fest: Wir dürfen uns den dringenden Weiterentwicklungen im Bildungsbereich nicht verschließen. Tirol soll hier ruhig Vorreiter und Bildungsmotor sein. Das Modell der Neuen Mittelschule hat sich sehr bewährt und wird Schritt für Schritt flächendeckend umgesetzt. Bei der gemeinsamen Schule werden wir im Herbst 2014 eine Modellregion starten, in der die individuellen Fähigkeiten und Talente der Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Wir stellen hier auch die entsprechenden Mittel bereit. Eine gemeinsame Schule gibt es in Südtirol seit 30 Jahren. Und deshalb nehmen wir uns das als Beispiel. Es ist aber auch ein Weiterkommen im Ausbau der Ganztagsschule, in der Lehrer-Verwaltung und in der gemeinsamen Ausbildung nötig.

STANDARD: In manchen Bundesländern wird die Wohnbauförderung verwendet, um Löcher in diversen Budgets zu stopfen. Die SPÖ will eine Zweckbindung, die ÖVP will noch überlegen. Was wollen Sie?

Platter: Für mich ist klar, dass wir alles Geld, das wir vom Bund für den Wohnbau bekommen, für diesen Zweck widmen. Und wenn wir mehr Geld für den Wohnbau brauchen, dann nehmen wir es auch in die Hand. Tirol kann es sich im Gegensatz zu anderen Ländern auch leisten. In Tirol haben wir hier bereits vor Wochen ein umfangreiches Paket geschnürt. In den nächsten fünf Jahren werden 11.500 geförderte Wohnungen errichtet. Wir nehmen dafür über eine Milliarde Euro in die Hand. Außerdem haben wir die Zinsen für die Wohnbauförderung deutlich reduziert.

STANDARD: Elf Listen treten bei der Landtagswahl an. Das Ziel einiger Listen ist eine gemeinsame Regierung gegen die ÖVP. Was ist Ihre persönliche Schmerzgrenze?

Platter: Wenn vier bis sechs Parteien eine Regierung bilden, dann ist das die Schmerzgrenze für Tirol. Das ist kein Programm, da geht es nicht um das Land. Man will sich nur auf ein Packl hauen, um die ÖVP rauszuschmeißen. Eine Koalition aus vier bis sechs Parteien macht ein Land unregierbar. Da hätten wir in Tirol schlimmere Verhältnisse als in Italien.

STANDARD: Würden Sie dann etwa Klubobmann in einer Opposition werden wollen?

Platter: Ich bin zuversichtlich, dass die ÖVP mit einem guten Ergebnis vom Wähler ausgestattet wird.

STANDARD: Sind Sie nervös?

Platter: Nein, ich habe ein gutes Gefühl. Wir haben in den letzten fünf Jahren viel weitergebracht. Nervosität kenne ich nicht. Anspannung ist notwendig, es braucht Spannung. Spannung gibt Energie, und Energie braucht es auch in der Wahlauseinandersetzung.

STANDARD: Mit wem würden Sie am liebsten koalieren?

Platter: Ich werde mit allen reden, die nach der Wahl im Landtag vertreten sind.

STANDARD: Wäre Schwarz-Grün nach Schwarz-Rot eine Option?

Platter: Es ist jede Variante denkbar. Mir geht es darum: Wir haben uns in den letzten Monaten intensiv mit Experten mit der Zukunft Tirols auseinandergesetzt, und diesen Plan will ich bestmöglich umsetzen.

STANDARD: Wie viele Kompromisse würden Sie eingehen? Denn Ihren Plan für die Zukunft haben ja alle.

Platter: Oha. Also bei manchen ist das mit einer A4-Seite erledigt. Ehrlich gesagt, die Grünen setzen sich am meisten mit der Zukunft auseinander. Das muss man sagen. Da gibt es konkrete Vorstellungen, und das ist gut so. Natürlich müssen Kompromisse gemacht werden. Das ist notwendig. Ich habe parteiunabhängige Experten dabei, und unser Plan ist gut, um Tirol weiterzubringen.

STANDARD: Wie lautet Ihr Wahlziel?

Platter: 16 Mandate halten. Bei dieser Listenvielfalt nicht einfach.

STANDARD: Sie wollen Landeshauptmann bleiben?

Platter: Selbstverständlich! Ich trete an, um Landeshauptmann zu bleiben.

STANDARD: Haben Sie ein Vorbild unter vergangenen Tiroler Landeshauptleuten?

Platter: Jede Zeit ist anders. Als Bürgermeister von Zams war Eduard Wallnöfer eine beeindruckende Persönlichkeit. Aber natürlich könnte man heutzutage nicht mehr so Politik machen. (Verena Langegger, DER STANDARD, 22.4.2013)