Experten haben die Europäische Union aufgrund ihrer vergleichsweisegeringen Wiederansiedlungsrate von Flüchtlingen heftig kritisiert. Während die USA im Jahr 2011 43.000 Personen eine Niederlassung gewährte, habe die EU "nur 4.000 Plätze" bereitgestellt, erklärte Heinz Patzelt, eneralsekretär von Amnesty International Österreich, am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien. Dies sei eine "Schande". MitNiederlassungsmöglichkeiten könne Flüchtlingen die Möglichkeit gegebenwerden, sich in einem anderen Land ein neues Leben aufzubauen und sichvollständig zu integrieren, so der Tenor der Expertenrunde weiter.

"In Anbetracht der Möglichkeiten, die die ressourcenreiche EU Menschengeben könnte ist das eine beschämende Art von Menschenrechtsverständnis", sagte Patzelt. Seiner Ansicht nach würden die meisten EU-Mitgliedsstaatendie Menschenrechte vorwiegend im Asyl-Bereich verletzen. "Die EU versucht die Lage zu verbessern, aber die Mitgliedsstaaten lassen das kaum zu", kritisierte Patzelt.

Migration auslagern

"In der EU haben wir Entscheidungsprozesse in denen die Kommission und das Parlament nicht viel zu sagen haben", sagte der österreichische Migrationsforscher Berhard Perchinig. Die Mitgliedsstaaten könnten alles alleine entscheiden, vor allem im Migrationsbereich. Mit dem Begriff Flüchtlinge würde zu Unrecht etwas Negatives mitschwingen. Deshalb brauche man eine andere Einstellung, die seiner Ansicht nach mit Wiederansiedlungsprogrammen einhergehen könnte. Perchinig sprach sich dafür aus, dass Migrationspolitik aus dem Innenministerium ausgelagert werden sollte.

Manfred Nowak vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte und Charlotte Phillips von Amnesty International betonten, dass die Beteiligungan Wiederansiedlungsprogrammen eine Frage der Solidarität sei. "Derzeit wird die überwältigende Mehrheit von Flüchtlingen von armen Ländern des Südens aufgefangen, die reichen Staaten sollten ihnen aber etwas von der Last abnehmen", so Nowak. Von über 43 Millionen Flüchtlingen weltweitbefänden sich "nur 1,6 Millionen in der EU", sagte er.

Syrische Flüchtlinge

Phillips sprach zudem von einer Win-Win-Situation für Flüchtlinge wie für Aufnahmeländer, da die Wiederangesiedelten durch eine vollständige Integration etwa in ökonomischer Hinsicht viel beitragen könnten. Sie sprach auch die Situation der syrischen Flüchtlinge in den Lagern an: Zwar gebe es für diese bisher noch kein Wiederansiedlungsprogramm, trotzdem sei ihr Leben in den Zeltstädten derzeit buchstäblich auf Warteschleife geschalten. "Sie haben keine Arbeit, leben in der Wüste und haben keine Zukunft dort", unterstrich Phillips.

"Wiederansiedlungsmöglichkeiten sind die persönlichste Art um Solidarität zum Ausdruck zu bringen", konstatierte Marcin Pruss von der Europäischen Kommission. Während Schweden und die Niederlande bereits seit Jahrzehntenauf eine Aufnahme-Tradition zurückblicken könnten, gebe es zumindest einige Lichtblicke wie Deutschland oder Rumänien, die sich seit kurzem beteiligten. "Die Zahl der Aufnahmeländer steigt, wir sind auf dem richtigen Weg", sagte Pruss zuversichtlich - trotzdem gebe es noch viel zutun.

Laut Christoph Pinter, Büroleiter des UNHCR Österreich, warteten derzeit weltweit rund 860.000 Menschen auf Niederlassungsmöglichkeiten. Das Zielfür 2013 liege bei insgesamt 180.000 Plätzen. "Bisher wurden uns von den Aufnahmeländern allerdings nur 80.000 zugesichert", so Pinter. Zusätzlich dazu erhoffe sich der UNHCR ab dem Jahr 2014 eine Teilnahme an Wiederansiedlungsprogrammen von österreichischer Seite. "Zumindest in einem kleinen Rahmen von beispielsweise 100 Personen", sagte Pinter der APA im Vorfeld der Veranstaltung. (APA, 19.4.2013)