Der grüne Abgeordnete und Rechtsextremismusexperte Karl Öllinger sagt: " Die Freiheitlichen sind moralisch wie intellektuell nicht in der Lage, mit der Vergangenheit zu brechen." Der Gewerkschafter Willi Mernyi, Obmann des überparteilichen Mauthausen-Komitees, sieht die FPÖ im " braunen Sumpf versinken".

Zu diesen - nicht neuen - Befunden kommt man wieder einmal durch aktuelle Vorfälle. Allein in Oberösterreich fielen im Jänner und Februar fünf FP-Funktionäre durch rechtsextreme Aktivitäten auf, drei wurden zum Parteiaustritt gezwungen. Der Pressesprecher der Wiener FPÖ musste wegen SS-Postings zurücktreten, der Salzburger Landeschef Karl Schnell verwendete NS-Vokabular wie "Umvolkung". Heinz-Christian Strache sprang ihm bei, hat aber selbst eine massiv antisemitische Karikatur auf seine Facebook-Seite gestellt. Zuletzt musste der Linzer FPÖ-Klubchef Sebastian Ortner zurücktreten, da er nicht nur (unter anderem Namen) in der berüchtigten Neo-Nazi-Truppe Küssel tätig war, sondern auch kürzlich einen Kongress der deutschen NPD besuchte.

So geht das dauernd und die Frage stellt sich, wie man mit so einer Partei, die immer noch an die 20 Prozent in den Umfragen hat, umgehen soll. Eine Frage, die sich allerdings schon seit den Anfängen der Republik stellt. Die FPÖ (bzw. ihre Vorläuferpartei VdU) wurzelt im Nationalsozialismus (der seinerseits wieder den alten österreichischen Deutschnationalismus aufgesogen hat). Der erste Vorsitzende der FPÖ war ein Super-Nazi und SS-General, sein Nachfolger, Friedrich Peter, ein Mitglied einer SS-Judenmordeinheit. Der wichtigste FPÖ-Politiker seither, Jörg Haider, hat den Nationalsozialismus immer wieder verharmlost bis gerühmt, Einschlägiges anderer FP-Mitglieder füllt Bände. In den letzten Jahrzehnten sind der FPÖ zahllose rechtsorientierte, aber nicht nationalsozialistische Wähler zugelaufen. Aber ein unauslöschliches Substrat an NS-Mentalität bleibt, einmal mehr, einmal weniger sichtbar.

Das hat seit der Frühzeit der Republik ÖVP und SPÖ nicht abgehalten, zu bagatellisieren und zu versuchen, mithilfe der FPÖ eine Mehrheit zu bekommen. Auch heute besteht keine eindeutige "Ablehnungsfront": Faymann lehnt eine Koalition mit der FP strikt ab, Gabi Burgstaller nicht. Spindelegger will eher nicht mit Strache, aber er sagt es nicht deutlich. Klubobmann Karl-Heinz Kopf würde gern, aber Strache desavouiert ihn. Er ist nicht paktfähig und ein Gefangener der Burschenschafter und SS-Bewunderer, die die Partei jetzt dominieren. Die wollen nicht regieren, zumindest in einer Demokratie nicht, sondern ideologisch rein bleiben.

Die FPÖ war nie eine akzeptable nationalkonservative Partei und wird es nie. Es wäre daher auch unter rein politisch- taktischen Überlegungen vernünftig, die FPÖ aus allen Koalitionsüberlegungen auszuschließen, zumal Stronach ja offensichtlich die Protestwähler in großem Ausmaß abzieht. Wer aus dem ewigen SPÖ/ÖVP-Kartell ausbrechen will, muss Mehrheiten abseits der FPÖ suchen, und sei es in Dreierkoalitionen.(Hans Rauscher, DER STANDARD, 20./21.4.2013)