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Die Zeiger stehen auf weiteres Wachstum der Uhrenbranche in Fernost, darauf stellen sich auch die Aussteller der Baselworld 2013 ein.

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Dezentes Weißgold und kleinere Uhren: Ist in der Uhrenbranche eine neue Bescheidenheit ausgebrochen? Dieser Eindruck könnte entstehen, wenn man einen Blick auf die Produkt-Previews der größten Uhren- und Schmuckmesse, der Baselworld, wirft. Auf der präsentieren vom 25. April bis zum 2. Mai so ziemlich alle namhaften Uhrenhersteller die aktuellen Trends der Saison.

"Die Gigantomanie am Handgelenk ist endlich vorbei", stellt Branchenkenner und Fachautor Gisbert L. Brunner fest. Die Hersteller tragen damit den Wünschen ihrer wichtigsten Kunden Rechnung. "Sie produzieren kleinere Uhren für schmale asiatische Handgelenke", erläutert Brunner diese Entwicklung, die sich bereits auf dem Uhrensalon in Genf abzeichnete und der sich auf der Baselworld fortsetzen wird. Schließlich war China in den vergangenen Jahren Motor der hohen Nachfrage nach Edeluhren "swiss made".

Chinesen kaufen gern teure Uhren

Wertmäßig exportierten die Schweizer 2012 die meisten Uhren nach China, vor allem nach Hongkong - gefolgt von den USA, Frankreich und Deutschland. Zwar verkauften die Schweizer Uhrenhersteller vergangenes Jahr weniger Zeitmesser als 2011, steigerten ihre Exporte wertmäßig aber um 2,1 Milliarden Franken (1,7 Milliarden Euro). Insgesamt wuchs der Wert der Ausfuhren um 10,9 Prozent auf 21,4 Milliarden Franken (17,3 Milliarden Euro), wie der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie Anfang Februar mitteilte. So legten zum Beispiel die Ausfuhren von Uhren aus Gold um 20,5 Prozent zu. Momentan werde in China das Thema Korruption heiß diskutiert, meint Brunner: "Das wird bestimmt Bremsspuren hinterlassen. Wenn China schwächelt, dann hat das Konsequenzen für die gesamte Industrie." Dennoch gebe es dort noch genügend Nachholbedarf. Eine wachsende Mittelschicht und eine reiche, reisefreudige Oberschicht wünschen sich Schweizer Armbanduhren mit prestigeträchtigen Namen.

Die Messe und die Aussteller stellen sich dementsprechend auf einen Ansturm aus Fernost ein. "Wir haben chinesische Hostessen engagiert, die Aussteller selbst haben chinesisches Personal am Stand, um ihre Gäste entsprechend zu empfangen", schildert Bernard Keller, Mitglieder und Sprecher der Messeleitung. "Wenn die Wirtschaft nicht läuft, bekommt die Branche das sofort zu spüren", erläutert er weiter. "Das macht in erster Linie jenen Uhrenherstellern zu schaffen, die lediglich regional stark vertreten sind, weniger den großen Marken, die weltweit agieren." Rolex oder Chanel könnten, sollte ein regionaler Markt einbrechen, dies mit einem anderen boomenden Markt wettmachen.

Selbstbewusste Marken

Selbst wenn die Armbanduhren kleiner werden, die Marken treten selbstbewusst auf. Viele Brands stellen nur auf der Baselworld aus, die nach dem Umbau heuer an einem späteren Termin stattfindet, und lassen sich das entsprechend kosten.

Zum Vergleich: Die Messeleitung investierte rund 430 Millionen Franken (347 Millionen Euro) in den Umbau der Messehallen. Rolex, Patek Philippe und Co werden sich ihre Standbauten schätzungsweise noch einmal so viel kosten lassen. Dabei nehmen die Ausstellerzahlen bei gleichbleibender Fläche ab, wie Keller berichtet: "Wir haben jetzt 1460 Aussteller, vor 15 Jahren waren es noch 2300. Wenn Sie 2013 die Halle 1.0, die den globalen Marken vorbehalten ist, betreten, dann sehen Sie 21 Stände, die alle riesengroß sind. Letztes Jahr hatten wir auf der gleichen Fläche noch 40 Stände."So viel Glitzer, prominente Marken und der wirtschaftliche Erfolg locken neben zahlreichen Besuchern (2012 rund 100.000) die Medien an. Und zwar nicht mehr nur die Fach-, sondern auch vermehrt die Lifestyle-Presse: "Vergangenes Jahr war allein die Vogue mit zwölf verschiedenen Ausgaben hier vertreten, jede mit einem eigenen Journalisten", sagt Keller. "Vor zehn Jahren waren es nur 1500 Journalisten, heuer werden es 3500 sein." Darunter allein 500 Kollegen aus China. So lege Uhrenbauer Patek Philippe größten Wert darauf, in der Ausstellungswoche 800 Pressekontakte zu haben, munkelt man.

Die Messeleitung freut's. "Ich bin überzeugt, dass die Baselworld nur in Basel funktioniert", sagt Keller auf die Frage, ob die Messe auch, zum Beispiel, in Fernost vorstellbar wäre. "Wir haben hier absolut keine Schmuck- oder Uhrentradition, wir sind sozusagen neutrales Terrain, deswegen kommen die großen Player aus Genf oder Paris gerne hierher." (Markus Böhm, Rondo, DER STANDARD, 19.4.2013)