Kann eine Therapie mit Stammzellen Patienten helfen, die an einer Arthrose leiden? Das untersuchen Mediziner der Universität Würzburg. In dieser bundesweit ersten Phase-1-Studie werden sie insgesamt sechs Patienten behandeln. Die derzeitigen Ergebnisse klingen vielversprechend.

Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland und 600.000 Menschen in Österreich leiden unter einer Arthrose. Die Gelenkerkrankung betrifft vor allem Knie, Hüften und Hände. Typisch ist die fortschreitende Zerstörung der Knorpelschicht eines Gelenks und die damit einhergehenden Veränderungen angrenzender Knochen. Betroffene Patienten haben zum Teil heftige Schmerzen, die Beweglichkeit ist eingeschränkt.

Ein therapeutischer Ansatz ist die Behandlung mit körpereigenen Stammzellen. In einer klinischen Phase-1-Studie werden an der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus derzeit erste Patienten auf diese Weise therapiert. "Wir werden insgesamt sechs Patienten in diesem Jahr mit Stammzellen behandeln. Die erste Behandlung hat vor drei Wochen stattgefunden", sagt Ulrich Nöth, Leiter des Schwerpunktes Tissue Engineering/Regenerative Medizin an der Orthopädischen Klinik und Projektleiter der Pilotstudie. Weitere zwölf Patienten erhalten die gleiche Therapie bei Projektpartnern im französischen Montpellier.

Stammzellen aus dem Fettgewebe

Die Mediziner setzen dabei auf sogenannte "mesenchymale Stammzellen" – Vorläuferzellen des Bindegewebes, die sich teilen und in die verschiedenen Zellen des Stütz- und Bindegewebes differenzieren können, wie beispielsweise Knochen, Knorpel, Bänder, Sehnen und Fettgewebe. Bei einem Eingriff, vergleichbar dem Fettabsaugen, entnehmen die Wissenschaftler den Patienten diese mesenchymalen Stammzellen aus dem Fettgewebe. In einem speziellen Labor einer französischen Blutbank werden die Zellen anschließend zwei Wochen lang vermehrt. Danach bekommt sie der Patient in den Gelenkspalt injiziert.

Die Ergebnisse der Stammzell-Therapie sind vielversprechend: "Über die ersten drei Monate hinweg geben alle Patienten an, dass sie seit der Stammzell-Injektion deutlich weniger Schmerzen verspüren als zuvor", sagt Nöth. Auch ihre Mobilität habe deutlich zugenommen: Viele gingen wieder einkaufen, selbst Treppensteigen ginge wieder besser – alles Tätigkeiten, zu denen sie vorher nur bedingt in der Lage gewesen seien. Insgesamt berichten die meisten, dass sich ihre Lebensqualität verbessert habe.

Operation verzögern

Wie im Detail die Stammzellen diese Veränderungen bewirken, ist derzeit noch unklar. "Wir wissen nur, dass die Zellen gegen den Entzündungsreiz wirken und damit die typischen Symptome deutlich lindern", sagt Nöth. Eine schützende Knorpelschicht neu bilden, dazu seien die Zellen wahrscheinlich nur teilweise in der Lage. Aus diesem Grund hält der Mediziner die Stammzelltherapie eigentlich für einen anderen Kreis von Patienten für geeigneter: Patienten im Alter zwischen 40 und 50 Jahren mit einer moderat ausgeprägten Arthrose – "zu jung für eine Prothese und zu alt für eine Knorpelzelltransplantation", sagt Nöth. Bei ihnen könnte die Gabe von Stammzellen den Zeitpunkt, der ein künstliches Gelenk erforderlich macht, signifikant nach verzögern.

Zwei Millionen mesenchymale Stammzellen haben die ersten sechs Teilnehmer der Studie in das Kniegelenk verabreicht bekommen. Nachdem sie diese Behandlung ohne Komplikationen überstanden haben und unerwünschte oder unerwartete Ereignisse ausgeblieben sind, wird die Dosis gesteigert. Dann wird die Injektion zehn Millionen Zellen enthalten. Läuft auch in diesem Fall alles problemlos, erhält das dritte Drittel der Studienteilnehmer die maximale Dosis von 50 Millionen Zellen. Bis Ende 2013 sollen die Ergebnisse dieser Phase-1-Studie vorliegen.

Und danach, plant Ulrich Nöth den Beginn der Phase-2-Studie. "Für eine solche Studie benötigt man sehr viel mehr Patienten. Dann steigen die Kosten gleich auf mehrere Millionen Euro", sagt er.  (red, derStandard.at, 18.4.2013)