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"Organic Cotton" ist bei Textilien eher ein kleinerer Aspekt: Bei den Stitch-Brüdern wird beim Ökothema genauer hingeschaut. 

Foto: apa/roland schlager

Ein wirkliches Kaufargument ist der Öko-Aspekt nicht, das ist Mike und Moriz bewusst. Bei den Gebrüdern Stitch lässt man sich eine Maßjeans an den Hintern schneidern wegen des Designs, wegen der Passform und vielleicht auch, weil die Stitch-Brüder bei den Vienna Awards im MQ einen Preis abgeräumt oder beim Impulstanz-Festival eine schräge "Dance for Pants"-Battle veranstaltet haben.

Aber dass es auch fair und nachhaltig produzierte Hosen sind? Das interessiert nur einen Bruchteil ihrer Kundschaft, ist Moriz im Standard-Gespräch realistisch. Das ist eher ihre eigene Passion.

Fabriks-Tour

"Von unserem Lebensstil her sind wir ja nicht gerade die großen Oberökos gewesen", bekennt Moriz. Aber nachdem sich die zwei Newcomer aus der Marketingbranche 2010 entschlossen hatten, zur Textilbranche zu wechseln, machten sie sich auch auf, Fabriken in aller Welt zu besuchen – von Ungarn über Italien bis China.

"Auf dieser Tour haben wir in den Betrieben Zustände gesehen, wo man sich nur noch an den Kopf greift. Auch in EU-Ländern", berichtet der Stitch-Bruder. "Menschen, die im Kunstharz waten, Menschen, die ohne Abluft in geschlossenen Räumen Chemie aufbringen..."

Organic-gefertigt

Da sei der Entschluss gereift, "dass unsere Jeans organic gefertigt werden – dabei hatten wir nicht die geringste Ahnung, was das bedeutet". Wie so viele auch, dachten die beiden, wenn "organic" draufsteht, müsste das automatisch ein gutes Stück sein. "Aber wem ist schon bewusst, dass dann die Organic-Baumwolle von Menschen weiterverarbeitet wird, die 70 Stunden für einen Hungerlohn arbeiten und mit Schwerchemie hantieren?"

"Organic Cotton ist im Grunde ein kleines Thema – große Themen sind der Wasserverbrauch im Baumwollanbau und das Washing", weiß Moriz heute.

Gots-zertifiziert

Bei den Stitch-Brüdern schaut umfassend nachhaltige Produktion jetzt jedenfalls so aus: Die Stoffe, die sie verarbeiten, sind nach dem Global Organic Textile Standard (Gots) zertifiziert. Leicht sind die nicht zu bekommen – denn bei den Mengen, die diese Jeansdesigner aus Wien-Mariahilf beziehen, wirft ein Industriebetrieb normalerweise gar nicht erst die Maschinen an.

"Bei den Waschsubstanzen haben wir dann auch die übelsten Sachen gleich weggelassen." Was in den selbst umgebauten und zusammengeschweißten Haushaltsmaschinen doch noch verwendet wird, sind Hypochlorid und Kaliumpermanganat – "aber auch dar auf wollen wir beim Waschen künftig gänzlich verzichten".

Reused-Effekt ohne Sandstrahlen

Ein neues Verfahren wird derzeit entwickelt, der Rest ist Betriebsgeheimnis. Auch das Sandstrahlen mit seiner extremen Feinstaubbelastung und Lungenkrebsgefahr gibt es hier nicht. Im Hinterzimmer des "Hosenlabors" wird der Reused-Effekt mit Schmiergelpapier in Handarbeit hergestellt.

"Unsere Kernbotschaft lautet: Wir wollen, dass die Kunden ihre Hose bezahlen – und nicht dass andere Bauern, Arbeiter oder die Natur dabei draufzahlen", erläutert Moriz. Und eine derart in Mitteleuropa gefertigte Jeans hat dann halt ihren Preis – und der beginnt bei 240 Euro aufwärts pro Stück. Eine goldene Nase würden sie dabei trotzdem nicht verdienen, versichern die Gebrüder Stitch.

Nachhaltige Sache

Aber dafür spielt dieses Designerteil dann auch alle gewünschten Stückln. Da werden nach dem Maßnehmen Stoff, Garn, Knöpfe und alle Details ausgesucht und beratschlagt, da wird probiert und angepasst und Extrawünsche eingeschneidert. Und das muss einem nicht nur Geld, sondern auch ein bisschen Zeit wert sein – bestellen und nächste Woche abholen, spielt's nicht.

Zeit gewinnen die Kunden dafür danach – "unsere Jeans werden natürlich deutlich länger getragen", weiß Moriz. "Auch die Reparaturbereitschaft der Kunden ist deutlich höher. So gesehen ist eine Maßanfertigung an sich schon eine nachhaltige Sache." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 18.4.2013)