Früher bestand die Ausbildung von Politikern einfach aus Politik. In ihrer Jugend waren einige von ihnen Vertreter des Maoismus, Trotzkismus, Kommunismus, Sozialismus oder Anhänger einer der anderen "-ismus", die an den Raum der Linken klopften. Wenn der Raum ein rechter war, gehörten sie liberalen, christlich-demokratischen oder konservativen Bewegungen an. Und das war der einzige Werdegang, der in praktischer Hinsicht interessierte.

Aber heute? Heute reflektieren wenige Dinge so zutreffend, in welchem Maße sich der Unterschied zwischen Linken und Rechten aufgelöst hat, wie die aktuelle Debatte über die Ausbildung der Politiker, welche sich wie von Zauberhand in eine Debatte um Politikergehälter verwandelte. Ich glaube, dies zeigt sich am deutlichsten darin, dass der Grund für den Widerwillen der Bürger nicht so sehr das Problem der Korruption in der Politik ist, sondern ihre Kommerzialisierung.

Gut bezahlte Politiker korrumpieren nicht

Die Frage nach den Gehältern in der Politik erweist sich als bestes Antriebsmittel, um zwei große Ziele zu erreichen: Talente für die Politik anzulocken und dort die Korruption zu verhindern. Fast widerstandslos drängt sich heute, in Hinsicht auf das Anlocken von Talenten, die Idee auf, dass es unumgänglich ist, gehobene Löhne anzubieten. Wer will schon noch Minister (oder was auch immer) werden, wenn er im privaten Sektor fünf- bis zehnmal mehr verdienen kann? Bezüglich der Korruption ist der Gedankengang genauso simpel: Allein wenn wir die Politiker gut bezahlen, erreichen wir, dass sie sich nicht korrumpieren lassen. Die Frage ist, stimmt das? Bei der Beantwortung sind wir festgefahren, bemerken nicht, wenn uns die wirklich relevanten Überlegungen entgehen.

Konzentrieren wir uns besser auf die Frage des Talents, denn die Beziehung zwischen hohen Löhnen und wenig Korruption ist verglichen sehr zweifelhaft, also ignorieren wir sie einfach. Das Bedeutendste an diesem neuen Etikett ist, dass es sich um eine von privaten, wirtschaftlichen und Handelsbereichen definierte Eigenschaft handelt. "Politik muss Talent anlocken können", aber der einzige Kriterienkatalog, um festzustellen, ob ein bestimmter Kandidat Talent hat, ist heute ... sein Lohn. Jemand, der in der Lage ist, eine Firma zu leiten, ein Manager, der Hunderttausende Euro im Jahr macht, ein Sieger: Das ist der Typ Mensch, der heute angeblich Talent in sich vereinigt. Um diese Leute anzuziehen, muss die Politik sie gut bezahlen. Sie muss mit den Löhnen auf dem freien Markt mithalten können.

Ein Busfahrer ist kein Arzt

Das war nicht immer so. Vielleicht gab es das – allerdings nur teilweise – in der Rechten, denn für sie wurde der wirtschaftliche Erfolg weitgehend wie ein moralischer Erfolg wahrgenommen und damit auch wie ein politischer. In der Linken wurde das politische Talent selbstverständlich niemals mit den geschäftlichen Erfolgen gleichgesetzt, eher im Gegenteil. Niemand wäre auf die Idee gekommen, das politische Talent von jemandem aufgrund seiner Profession zu bewerten. Doch genau dies wird gerade zur Regel: Das Erste, was an einem Kandidaten überprüft wird, ist sein Lebenslauf. Ein Arzt, Anwalt oder Unternehmer ist nicht gleichzusetzen mit einem Kellner, Fabrikarbeiter oder Busfahrer.

Es liegt bei alldem jedoch – selbstverständlich – eine Verwechslung der exekutiven und legislativen Ebene vor. Beide gehören zu verschiedenen Bereichen. Die Parteilogik jedoch hat sie zu einem etwas verwirrenden Amalgam verschmelzen lassen. Unter dieser bloß institutionellen Verzerrung aber pocht ein viel grundlegenderes Problem. Es herrscht ein bestimmtes ideologisches Durcheinander, hervorgerufen durch eine missverstandene Annahme der Logik des Marktes. Eine Sache ist es, den Markt als Sozialpartner zu preisen, eine andere ist es, sich auf allen Ebenen der Logik des Marktes zu unterwerfen. Einschließlich auf der Ebene der politischen Aktivität.

Die Politik, die dich in Versuchung bringt

Früher wurde das Talent eines Politikers an seinen Idealen und seinen ausgesprochenen Wünschen festgemacht. Das war etwas, das auf die Zukunft abzielte. Das in bloße curriculare Exzellenz umgewandelte Talent ist heute etwas, das nur noch die Vergangenheit enthüllen kann. Es kommt nicht mehr darauf an, wonach man trachtet, sondern was man bereits bewiesen hat, wozu man fähig ist. Deswegen trieben einen in der Politik früher die Sehnsüchte an und man endete in der Öffentlichkeit gezeichnet von seiner selbst. Doch heute ist es die Politik, die einen ruft, die einen in Versuchung bringt. Man ist mit sich beschäftigt und plötzlich eines Tages klingelt das Telefon. Es ist die Politik, die den Kandidaten anlockt und nicht der Kandidat, der, sobald er ein "political animal" ist, unvermeidbar in ihr landet. Daher das Mantra: "Wir müssen die Besten anwerben." Und tatsächlich, man muss sie anlocken, denn auf eigene Faust scheint niemand an der Tür zu klopfen.

Niemand? Niemand, zumindest derjenigen, die als "die Besten" erachtet werden. Denn dieses Konzept "der Besten" kennt nur einen Typus: den Unternehmer. Doch niemals zuvor war es so, nicht einmal der Liberalismus wollte das. Wenn es, aus der Perspektive der Politik, einen gab, der sich dadurch auszeichnete, dass er "die Besten" mit der Repräsentation aller beauftragen wollte, dann war das John Stuart Mill. Für ihn waren sie jedoch "die Besten" auf intellektuelle und moralische Art und Weise. Sozusagen die Intelligentesten und die Großzügigsten. Wie sind wir dahin gekommen, "die Besten" mit den "Geschäftstüchtigsten" gleichzusetzen? Und was noch viel beunruhigender ist: Wie kann sich uns diese Zuschreibung aufdrängen, wenn wir doch kaum bemerken, was sie eigentlich voraussetzt?

"Abneigung zwischen Politikern und Bürgern", wird gesagt? Natürlich. Wenn die Politik nur Verwaltung und keine Zukunft ist, wenn es nur ein Beruf und kein Ideal ist, wenn sie sich durch und durch kommerzialisiert hat – was für eine Art von Zustimmung erwarten wir dann noch in der Bevölkerung vorzufinden?