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Österreichs Regierung will das Bankgeheimnis für Inländer jedenfalls beibehalten, auch wenn es den meisten Bürgern nichts bringt.

Foto: APA/Hans-Klaus Techt

Wenn Österreich - wie es sich abzeichnet - das Bankgeheimnis für Ausländer aufhebt, für Inländer aber beibehält, dann könnte das gegen die Verfassung sowie die Freiheit des Kapitalverkehrs verstoßen.

In Österreich tobt ein wilder Streit ums Bankgeheimnis: Die Grünen und manche SP-Politiker wie etwa Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sind für die völlige Abschaffung, Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) will gar keine Änderung. Zwischen ÖVP und SPÖ zeichnet sich der Kompromiss ab, das Bankgeheimnis für Ausländer praktisch abzuschaffen, für Inländer aber unverändert beizubehalten. Aber geht das überhaupt?

Das Bankgeheimnis (§ 38 des Bankwesengesetzes - BWG) gilt derzeit nur für Steuerinländer in vollem Umfang. Dies bedeutet, dass das Bankgeheimnis unter anderem nur dann durchbrochen werden darf, wenn gegen den Kontoinhaber ein gerichtliches (Finanz-)Strafverfahren oder ein behördliches Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde. Dies setzt den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung voraus.

Bis 2009 war das Bankgeheimnis für Steuerausländer in gleicher Weise wie gegenüber Inländern geschützt; für eine Durchbrechung war daher die Einleitung eines Strafverfahrens im Ausland nötig. Nach Kritik der OECD wurde der Schutz des Bankgeheimnisses gegenüber Ausländern gelockert: Österreich verpflichtete sich zur Umsetzung des seit 2005 gültigen OECD-Standards - dies erfolgte durch den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen und in der EU auch durch Einhaltung der EU-Amtshilferichtlinie (2011/16/EU).

Seitdem dürfen ausländische Finanzbehörden ein Ersuchen an Österreich stellen, soweit die gewünschte Auskunft für das ausländische Finanzamt " voraussichtlich erheblich" ist. Dies setzt voraus, dass man eine bestimmte Person im Visier hat und dass es auch Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Person ein Konto in Österreich hat.

Keinesfalls darf das ausländische Finanzamt "ins Blaue hinein" anfragen, wer in Österreich ein Konto hat. Man sieht: Gegenüber Österreichern, bei denen es zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses einen strafrechtlichen Anfangsverdacht braucht, sind Steuerausländer derzeit nur wenig schlechter gestellt - trotz des OECD-Standards.

Wesentlich effektiver wäre daher der automatische Informationsaustausch ins Ausland, über den gerade diskutiert wird. Dies bedeutet, dass Österreich automatisch ausländische Anleger und deren Kontostand an die ausländischen Finanzämter melden würde. Österreichische Anleger wären nicht betroffen.

Emotionale Bindung

Der derzeit vorgeschlagene Kompromiss, das Bankgeheimnis für Steuerausländer dadurch abzuschaffen und für Steuerinländer beizubehalten, bringt dem Durchschnittsösterreicher nichts: Dieser ist nämlich Lohnsteuerzahler mit einem Medianeinkommen von ca. 25.000 Euro brutto jährlich; bei einem so geringen Potenzial zur Steuerhinterziehung braucht er sich schon deswegen nicht vor einer Abschaffung des Bankgeheimnisses zu fürchten. Dennoch besteht bei vielen Leuten eine emotionale Bindung an das Bankgeheimnis - worauf manche Politiker offenbar Rücksicht nehmen.

Das sich abzeichnende "Splitting" zwischen In- und Ausländern ist aber rechtlich bedenklich. Erstens könnte durch die Diskriminierung zwischen In- und Ausländern ein Verstoß gegen österreichisches Verfassungsrecht vorliegen. Das Bankgeheimnis steht nämlich nicht - obwohl dies oft behauptet wird - in Verfassungsrang; für eine Änderung oder Abschaffung bräuchte man allerdings die für Verfassungsgesetze geltende Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Dieser Verstoß betrifft zwar nicht den Gleichheitsgrundsatz - da sich auf diesen nur österreichische Staatsbürger berufen können -, wohl aber das Bundesverfassungsgesetz über die Beseitigung rassischer Diskriminierung in Zusammenhang mit Art. 14 und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Zweitens könnte auf europäischer Ebene ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegen. Dies beträfe nicht nur Anleger aus EU-Mitgliedstaaten, sondern auch solche aus Drittstaaten - die Kapitalverkehrsfreiheit gilt auch gegenüber Drittstaaten. Möglicherweise sieht der Europäische Gerichtshof die Diskriminierung allerdings z. B. deswegen als gerechtfertigt an, da für inländische Anleger die Steuererhebung durch die österreichische Kapitalertragsteuer sichergestellt ist, was für ausländische Anleger nicht gelten würde. Daher wäre die Informationsweitergabe bei ausländischen Anlegern gerechtfertigt.

EuGH wäre strenger

Wie der EuGH entscheiden würde, ist nur sehr schwer vorauszusehen. Er wäre meines Erachtens aber jedenfalls strenger als der österreichische Verfassungsgerichtshof.

Möglicherweise ist genau dies der "Masterplan" der Bundesregierung: Man führt ein "Splitting" beim Bankgeheimnis ein, und wenn dies vor dem EuGH nicht hält, dann kann man die Verantwortung für die endgültige Abschaffung auf den EuGH - und damit auch auf die EU - schieben. (Christoph Urtz, DER STANDARD, 17.4.2013)