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Die schwarze Ministerin in Rot, der rote Minister in Schwarz: Mikl-Leitner und Klug besichtigen die Reform- projekte auf der Seetaler Alpe.

Foto: apa/neubauer

Schön ist es auf der Seetaler Alpe. An diesem sonnigen Vormittag könnte man fast vergessen, dass es sich hier um militärisches Sperrgebiet handelt, zu Trainingszwecken für die Streitkräfte des Landes. Zwar liegt noch immer Schnee auf den Gipfeln, doch die Sonne taut ihn eifrig von den Tannen, und die Vögel zwitschern um die Wette. Nur im Hintergrund hört man immer wieder ein leises "Tak! Tak! Tak!"

Plötzlich zerreißt das Knattern eines Black Hawk die Stille des steirischen Hochgebirgsidylls. Dem Transporthubschrauber entsteigt das rot-schwarze Ministerduo Gerald Klug (SPÖ) und Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). "Wir werden aus dem Grundwehrdienst kein Erlebniscamp machen, auch keinen Abenteuerurlaub und auch keinen Nachhilfekurs der Nation!", erklärt der Verteidigungsminister zackig, und: "Der klare Auftrag lautet: Die Verteidigung der Republik Österreich und der Schutz der Bevölkerung!" Die Innenministerin verkündet: "Mir persönlich ist die Reform des Wehrdienstes wichtig - auch als Bürgerin und als Mutter!"

Nach wochenlangen Verhandlungen über die Reform des Wehrdienstes präsentieren die beiden am Montag erste Ergebnisse: Von 60 auf höchstens 40 Prozent wollen SPÖ und ÖVP die Zahl der "Systemerhalter" unter den Rekruten drücken (siehe Wissen). Ab Herbst sollen in einem ersten Schritt die Kellner und Chauffeure unter den Präsenzdienern um zehn Prozent reduziert werden - und so 350 Mann mehr zur Truppe. Ab 2014 möchte Klug die kellnernden Grundwehrdiener um 50 Prozent minimieren.

Hightech statt Wachposten

Als hätte sich die Koalition nicht schon viel früher darauf verständigen können. Denn hier, auf 1500 Metern, probte Berufsheer-Fan Norbert Darabos (SPÖ) als ehemaliger Verteidigungsminister bis vor kurzem probehalber seinen Aufstand gegen die Wehrpflicht - und zeigte seit Dezember 2012 längst vor, dass man auf dem Truppenübungsplatz auf Präsenzdiener, die Systemerhalter-Jobs verrichten müssen, ganz gut verzichten kann.

Wo früher rund hundert Rekruten pro Jahr herumkommandiert wurden, überwacht nun statt junger Absperrposten in Uniform eine Hightech-Anlage die Übungen fürs Scharfschießen. Die militärischen Kraftfahrzeuge muss das Kaderpersonal jetzt selbst steuern, im Großküchenbetrieb schuftet Personal in Zivil. Und die Unterkünfte schrubbt eine Reinigungsfirma - zum Jahrespreis von 109.000 Euro. Kommandant Oberst Manfred Hofer, oberster Militär auf der Seetaler Alpe, rechnet weiter vor, was der Verzicht auf die Rekruten dem Staat bisher sonst noch gekostet hat: 320. 000 Euro musste die Republik für die Sicherheitsanlage aufwenden, 160. 000 für Leiharbeiter. Doch mit alledem liege man immer noch 15 Prozent unter den 600.000 Euro, die die Republik einst für die Rekruten aufbringen musste.

Auch Klug will seinen ersten Reformschritt "aufkommensneutral" hinbringen. Mittlerweile sind er und Mikl-Leitner bei den Schießanlagen angelangt. "Tak! Tak! Tak!" der Sturmgewehre statt Vogelgezwitscher. Hier zielen und schießen auch Rekruten, so wie es sein soll - quasi mehr schießen statt schrubben. "Ein Modell, von dem man sich was abschauen kann", sagt Mikl-Leitner. "Auch wenn es zweifelsfrei nicht ein Modell für ganz Österreich ist!"

Im Jänner, als die ÖVP aus der Wahlschlacht um die Wehrpflicht als Sieger hervorgegangen ist, hat sich das noch anders angehört. Damals hieß es: "Die Pilotprojekte des Verteidigungsministers sind sofort zu beenden." Aber damals hieß er ja noch Norbert Darabos.  (Nina Weissensteiner, DER STANDARD, 16.4.2013)