Nachdem der Salzburger FPÖ-Spitzenkandidat Karl Schnell in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" von "Umvolkung in gewissen Bereichen" gesprochen hat, ist die Empörung groß. Die anderen Salzburger Parteien üben scharfe Kritik, Historiker Oliver Rathkolb empfiehlt Schnell einen "intensiven Geschichtsunterricht."

Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) verurteilt "solche Äußerungen. Sie sieht darin nicht mehr als einen plumpen Versuch der Stimmenmaximierung. "Fremdenfeindlichkeit hat in der Salzburger Landespolitik keinen Platz, und sie wird auch - wenn ich weiter Verantwortung trage - in einer neuen Landesregierung keinen Platz haben", so Burgstaller in einer Stellungnahme gegenüber derStandard.at.

"Es ist ganz klar zu sagen, dass diese Begriffe aus der NS-Zeit in einer politischen Debatte nichts verloren haben", reagiert ÖVP-Spitzenkandidat Wilfried Haslauer auf Schnells Umvolkungs-Sager. Wer solche Begriffe bewusst verwendet, stelle sich selbst ins Abseits, so Haslauer. Schnell gehe es um "nichts Anderes als um die Aufmerksamkeit, die diese Provokation auslöst." Gefragt, ob Haslauer mit der FPÖ unter Schnell koalieren würde sagt Haslauer: "Die Frage einer Koalition mit der FPÖ stellt sich nicht, weil die FPÖ in Salzburg ja gar nicht regieren will." Interessant sei für ihn die Frage, wie die Landeshauptfrau Gabi Burgstaller diese Aussagen bewerte. Haslauer: "Schließlich wird Burgstaller ja müde, die FPÖ als konstruktive Kraft zu bezeichnen, mit der sie gut zusammenarbeitet, mit der sie eine Regierung bilden will und die in Salzburg ganz anders sei als in Wien."

Rössler: "Freiheitliche Panikaktion"

Der Begriff "Umvolkung" kommt aus der nationalsozialistischen Zeit, das wisse auch Schnell, sagt die Grüne Spitzenkandidatin Astrid Rössler. Wenn Schnell nun "ausgerechnet im Intensiv-Wahlkampf in die braune Wortschatulle greift und Begriffe verwendet, wie sie sonst nur in der rechtsextremen Szene gebräuchlich sind, dann muss er sich den Vorwurf der fremdenfeindlichen Stimmungsmache gefallen lassen", so Rössler. Sie sieht in "diesem Zündeln" eine "freiheitliche Panikaktion, um das große Abwandern der Wähler zum Team Stronach zu verhindern." Schnells Aussage, dass es Schulklassen mit nur einem österreichischen Kind gebe, verfolgt in dieser extrem groben Vereinfachung nur den Zweck, Fremdenhass zu schüren.

Auch Walter Rettenmoser, Sprecher vom Team Stronach Salzburg, weist den Sager von Schnell zurück und fügt hinzu:"Uns wundert bei diesem Herrn nichts mehr." Eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schließt er dezitiert aus.

Rathkolb: "intensiver Geschichtsunterricht für Schnell"

Der Historiker Oliver Rathkolb empfindet den Begriff Umvolkung als "reine Provokation". Der Begriff wurde zwar punktuell schon vor dem nationalsozialistischen Regime gebraucht, aber er habe dadurch "eine höchst menschenrechtsfeindliche und demokratiefeindliche Prägung bekommen. Umvolkung hat mit dem ethnisch ausschließenden bis vernichtenden Volksbegriff  des  Nationalsozialismus  zu tun und suggeriert die Bedrohung des 'reinen' deutschen Volkes." Daher empfiehlt der Historiker "intensiven Geschichtsunterricht" oder einen Blick in Google Books für Schnell, aber auch für Mölzer, der 1992 bereits von seinen Berfürchtungen gesprochen, dass sich in Österreich und Deutschland Umvolkung anbahne. Ohne nationalsozialistischen Kontext könne man den das Wort "Umvolkung" nicht lesen. Der Begriff habe eine Begriffsgeschichte, das könne auch durch den relativierenden Beisatz, dass es nicht rassistisch gemeint sei, nicht aufgehoben werden.

Rathkolb glaubt nicht, dass dahinter reines Kalkül steckt. Seiner Meinung nach sei das ein Begriff, "der offensichtlich in den inneren Debatten immer wieder gebraucht wird". Dadurch werde er "positiv festgeschliffen", sodass er ohne Probleme verwendet wird. Es gehe aber auch darum in die Medien zu kommen. Allerdings wertet es der Zeithistoriker auch als ein Signal für den inneren Parteikern. Es soll kommuniziert werden, dass bestimmte Wertvorstellungen nach wie vor Gültigkeit haben. Das sei vor allem in Wahlkampfzeiten zur Mobilisierung wichtig. Die Wähler könne man mit dem "alten Schmäh des 'reinen' Volkes nicht zur Wahlurne bringen". Trotzdem gebe es zunehmend auch bei jüngeren Wählern und Wählerinnen keine Berührungsängste. Sie würden doch gerne die Partei wählen, die provoziert und Öffentlichkeit erzielt. Dafür sei ein Tabubruch hilfreich. (burg, mte, rasch, derStandard.at, 15.4.2013)