Als vor kurzem Venezuelas roter Diktator Hugo Chávez starb, da weinte die Linke Europas als habe ein guter Hirte seine Herde verlassen. Nicht wenige Medien hierzulande feierten Chávez als mutigen antiamerikanischen Volkstribun und Freund der Armen. In Wahrheit war er ein brutaler Unterdrücker, der das reiche Venezuela einigermaßen ruiniert hinterlässt. In seinen Gefängnissen wurde gefoltert, Regimekritiker verschwanden, die Medien wurden gleichgeschaltet, Zigtausende flohen aus dem Land. Die deutsche Linkspartei aber z. B. lobpreist das Chávez-Venezuela als Hort der besseren Welt.

Ganz wie Kuba. Die Castro-Diktatur lässt seit Jahrzehnten weder freie Wahlen noch freie Meinungen noch freie Unternehmer zu. In ihren Kerkern werden Andersdenkende gequält, die Geheimpolizei DGI hält das zur Armut verdammte Land unter ihrer Knute. Wer irgendwie kann, flieht in die USA

Doch der Schrei des unterdrückten Volkes wird in Europa einfach überhört. Dort ergötzt man sich lieber am Kult um Castros  Cohibas und seinem macho-karibischen Antiamerikanismus. Für Sozialisten ist Kuba so etwas wie eine Absacker-Bar der ideologischen Coolness.

Bei Menschenrechten sind sie auf dem linken Auge jedenfalls blind geblieben. Es gibt bei der Generation Lafontaine einfach kein Bewusstsein dafür, dass die sozialistischen Diktaturen Millionen in grausame Tode geschickt haben. Die Linke ist unfähig zur Trauer mit den Opfern, sie hat ein steinernes Herz beim Blick in den Abgrund ihrer totalitären Geschichte. Stattdessen äugen Europas Sozialisten immer noch mit heimlicher Freude auf die letzten Dinosaurier der kommunistischen Epoche. Das galt bisher sogar für Nordkorea. Doch das Kriegsgeschrei Kim Jong-uns lässt das linke Milieu plötzlich verstummen. Denn der Vorhang der historischen Verniedlichung fällt. Der Fall Nordkoreas entlarvt nämlich, dass es zwischen Kommunismus und Gewalt einen inneren Zusammenhang gibt. Die Ideologie lebt nur davon, dass sie anderen ihre diktatorische Weltsicht aufzwingt, dass sie Kriege nach innen wie außen führen muss, um zu überleben. Kommunisten hinterlassen darum eine Brandspur ihres inhumanen Wirkens.

Kim mag eine besonders grelle Fratze des Kommunismus zeigen, typisch bleibt sie gleichwohl. Von Stalins Gulags bis zu den Mauertoten in Berlin, von den Killing Fields der Roten Khmer bis zu den Abermillionen Opfern Maos (die er einmal mit dem Satz "Revolutionen sind eben keine Dinner-Partys" kommentierte) reicht die Blutspur der KP-Ideologie. Kims Auftritt zeigt noch einmal, wie in einem plärrenden Epilog der Geschichte, was Kommunismus bedeutet: Elend, Totalitarismus und das Diktat des Gewehrkolbens. (DER STANDARD, 15.4.2013)