Karl "Charly" Blecha, soeben erst 80 geworden, hat im Interview mit News schön die beiden Seiten der seinerzeit erfolgreichen Sozialdemokratie gezeigt. Auf die Frage, was für ihn das Beste der "Ära Kreisky" (1970- 1983) gewesen sei, sagte er: "Das Einmalige an dieser Epoche war, dass man ein Gesamtkonzept zur Veränderung der Gesellschaft hatte und dazu eine eigene Theorie: Eine große Zahl von Reformen führt zu einer Qualitätsänderung der Gesellschaft."

In der Tat hat die Sozialdemokratie Österreich damals moderner, sozialer und gesellschaftspolitisch liberaler gemacht. Was da noch an Muff weggeräumt werden musste, glaubt ja kein Mensch mehr. Dass die SPÖ da einen Alleinherrschaftsanspruch hatte (gemildert durch Kreiskys "Ein Stück Weges mitgehen"-Anbot an viele Bürgerliche), muss zwar dazugesagt werden; aber es gab ein großes Reformkonzept.

Blecha, damals "Chefideologe", heute "Koordinator" des neuen SP-Parteiprogramms, verkörperte aber auch die dunkle Seite der Reformmacht. Er schützte den mörderischen Hofnarren der roten Schickeria, Udo Proksch, und er wurde wegen Beweismittelfälschung und Urkundenunterdrückung im Fall Noricum (illegaler Kanonenexport) verurteilt. Er sieht dabei heute noch nichts Gesetzwidriges.

Faktum ist, dass die große Reformzeit der SPÖ auch von großem Machtmissbrauch geprägt war - oft beides verkörpert in denselben Personen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 13./14.4.2013)