Ähnlich unübersichtlich wie das Phänomen der internationalen Steuerflucht ist der Stand der nationalen und supranationalen Gegenmaßnahmen. Zunächst ist zu differenzieren zwischen dem Wettbewerb um das Vermögen natürlicher Personen und dem um Unternehmen und deren Gewinne.

Die Fachliteratur problematisiert seit langem, dass multinationale Unternehmen die konzernweite Steuerschuld durch legale und illegale Konstruktionen minimieren. Die Verschiebung von Buchgewinnen in Niedrig(st)steuerländer betrifft vor allem die Industrieländer mit ihren weltweit gesehen überdurchschnittlichen Unternehmenssteuersätzen. So war eine Motivation der Senkung des deutschen Körperschaftsteuersatzes 2008, dass deutsche Unternehmen laut Schätzungen bis zu 100 Mrd. Euro jährlich ins Ausland verschoben.

Aktuell wird der Fall Google diskutiert. Bei einem in den USA geltenden Steuersatz von 35 Prozent drückt Google durch komplexe Holdingkonstruktionen die Konzernsteuerquote auf 21 Prozent und die Steuerquote für ausländische Einkünfte gar auf nur 0,2 Prozent. Bislang gab es kaum wirksame supranationale Maßnahmen gegen solche Praktiken, abgesehen von der EU-weit koordinierten, erfolgreichen Eindämmung des " schädlichen" Steuerwettbewerbs durch spezielle Steuerbegünstigungen für ausländische Investoren in der EU.

Die Erfolgschancen der jüngsten Initiativen von OECD und G 20 gegen aggressive Steuerplanung und Gewinnverschiebung sind besser denn je. Denn die leeren öffentlichen Kassen fördern den Unmut über multinationale Unternehmen, die in Ländern mit höheren Steuersätzen und guten öffentlichen Leistungen Gewinne erwirtschaften, diese aber in Niedrigsteuerländer verschieben und somit zur Finanzierung öffentlicher Leistungen nichts beitragen.

Weiter fortgeschritten sind Initiativen zur Eindämmung der internationalen Steuerhinterziehung durch Privatpersonen, die ein beträchtliches Ausmaß angenommen haben dürfte. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group schätzt, dass knapp acht Billionen Dollar in Steueroasen angelegt sind, die NGO Tax Justice Network kommt gar auf 21 bis 32 Billionen Dollar. Die jüngste "Offshore-Leaks"-Affäre legt nahe, dass zehntausende sehr Wohlhabende ihr Vermögen in Steueroasen verstecken.

Wie dem zu begegnen ist, wird derzeit diskutiert. Am effektivsten ist der automatische Informationsaustausch über ausländische Anleger, der allein die reguläre Besteuerung im Wohnsitzland sicherstellen kann. Österreich bevorzugt dagegen wie die Schweiz anonyme Quellensteuern auf die Kapitaleinkünfte ausländischer Anleger und den Transfer der Steuereinnahmen an deren Wohnsitzländer: etwa in den neuen bilateralen Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein oder im Rahmen der EU-Zinssteuerrichtlinie, wo Österreich so wie Luxemburg nicht am allgemein praktizierten automatischen Informationsaustausch teilnimmt.

Dieser setzt sich in EU und OECD zunehmend durch. Luxemburg hat die Teilnahme am EU-Kontrollmitteilungssystem angekündigt. Die USA vereinbaren im Rahmen von Fatca mit immer mehr Ländern den gegenseitigen automatischen Info-Austausch über Kapitaleinkünfte und Vermögensbestände ausländischer Steuerzahler. Widerstand gegen internationale Info-Tausch-Systeme erscheint wenig zielführend, zumal der besondere Schutz ausländischer Steuerhinterzieher wohl kaum zu rechtfertigen ist. (Margit Schratzenstaller, DER STANDARD, 13.04.2013)