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Christian Wulff ist der erste deutsche Ex-Bundespräsident, gegen den die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt.

Foto: DPA/Gambarini

"Unser Mandant wird um seine Ehre kämpfen." Mit diesen Worten haben die Anwälte des deutschen Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff am Dienstag ein Angebot des Staatsanwalts abgelehnt. Dieses hätte so ausgesehen: Wulff zahlt gemäß Paragraf 153a der deutschen Strafprozessordnung 20.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation, dafür kommt es zu keiner Anklage.

Doch Wulff akzeptierte dies nicht, er will einen lupenreinen Freispruch. Denn er und seine Anwälte sind überzeugt: Die von der Staatsanwaltschaft Hannover erhobenen Vorwürfe werden nicht für eine Verurteilung ausreichen.

Tatsächlich sind die Verdachtsmomente seit Wulffs Rücktritt als Bundespräsident (Februar 2012) zusammengeschmolzen wie ein Schneeberg in der Frühlingssonne. 21 Spuren sind die Ermittler gefolgt, sie haben unzählige Gespräche mit Zeugen geführt, Handyrechnungen, Quittungen, Hotelbelege und Aussagen überprüft.

In 20 Fällen befand das Ermittlerteam, Wulff habe sich in seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident (2003 bis 2013) weder der Vorteilnahme noch der Bestechlichkeit verdächtig gemacht. Übrig geblieben ist nur ein einziger Fall. Es geht dabei um eine Reise des Ehepaars Wulff nach München, man besuchte dort 2008 das Oktoberfest. Auch Filmproduzent David Gronewold war dabei, er bezahlte 719,40 Euro für ein Hotel-Upgrade, Kinderbetreuung und ein Abendessen.

Brief an Siemens-Chef

Wenig später schrieb Wulff auf Bitten Gronewolds einen Brief an Siemens-Chef Peter Löscher und bat um Unterstützung für ein Projekt Gronewolds - der Konzern möge doch bitte den Film John Rabe unterstützen. Dieser erzählt die wahre Geschichte des deutschen Siemens-Mitarbeiters John Rabe, der während der 1930er-Jahre in China für das Unternehmen tätig war und dort unzählige Chinesen vor dem Tod durch Massaker der Japaner bewahrte.

Siemens lehnte eine Unterstützung ab. Die Staatsanwaltschaft ist aber überzeugt, dass der ebenfalls angeklagte Gronewold Wulff mit dem Trip nach München bestechen wollte: "Es erscheint als hinreichend wahrscheinlich, dass dies in der Absicht geschah, den Angeschuldigten Wulff zu motivieren, sich in seiner dienstlichen Eigenschaft als niedersächsischer Ministerpräsident gegenüber der Siemens AG für eine Unterstützung bei der Vermarktung des Films John Rabe einzusetzen."

Sowohl Wulff als auch Gronewold bestreiten den Vorwurf der Bestechlichkeit. Wulff erklärt, er habe gar nicht gewusst, dass Gronewold Zahlungen übernommen hatte. Ob es tatsächlich zu einem Gerichtsverfahren kommen wird, ist noch unklar. Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens muss erst das Landgericht Hannover entscheiden. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 13.4.2013)