Wien - Zwanzig Jahre wurde darum gestritten. Es wurde geklagt, berufen, entschieden, Urteile wurden gekippt, bestätigt und wieder gekippt - nun ist es vorbei. Die Bank Austria (BA) muss in der Causa Novum 254 Mio. Euro an Deutschland zahlen.

Die deutsche Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS; sie wahrt die Rechte der DDR) hat gewonnen, das Urteil des Schweizer Obergerichts ist rechtskräftig. In Zürich wurde der Prozess geführt, weil die BvS die einstige Schweizer Länderbank-Tochter BFZ auf 128 Mio. Euro geklagt hat (126 Mio. kommen an Zinsen und Kosten dazu).

Amtshaftungsverfahren möglich

Mit diesem Urteil wird ein schillerndes Kapitel österreichischer Zeitgeschichte geschlossen. Protagonisten: die KPÖ-Treuhänderin und Osthändlerin Rudolfine Steindling ("rote Fini", sie ist im Herbst gestorben), die Ostberliner Außenhandelsgesellschaften Novum und Transcarbon, die Länderbank (später: BA) und die BFZ. An "Außenhandelsfirmen" mussten westliche Unternehmen, die mit der DDR Geschäfte machten, Provisionen zahlen; die landeten bei Staat und Staatspartei SED.

Nach der Wende 1989 behauptete Steindling, Novum und Transcarbon treuhändisch für die KPÖ zu halten. Sie holte umgerechnet 128 Mio. Euro der Novum zur Länderbank, von da wanderten sie in die BFZ nach Zürich. 1991 ließ Steindling das Geld in bar in die Länderbank transferieren. Von da holte sie es selbst ab: in 51 Tranchen à 20 bis 60 Mio. Schilling und im Koffer. Das Geld legte sie auf anonyme Sparbüchern und Wertpapierdepots an; es war (aus deutscher Sicht) weg.

2003 urteilten die Gerichte, dass die Novum nicht der KPÖ, sondern der SED gehört hatte. Die BvS klagte also die Bank Austria, die Richter gaben ihr Recht: Die Banker hätten Steindling 1991/92 das Geld gar nicht bar auszahlen dürfen. "Insgesamt hatte die Beklagte allen Grund, damit zu rechnen, dass es Steindling darum ging, mit der Transaktion den Verbleib der Guthaben von Novum und Transcarbon zu verschleiern", schrieben sie in ihrem Urteil.

Die Bank Austria muss nun also zahlen (184 Mio. Euro hat sie rückgestellt, 70 Mio. belasten das heurige Ergebnis). Ganz aufgegeben hat sie aber noch nicht. Sie will ein Amtshaftungsverfahren gegen die BvS führen, die habe bestimmte Pflichten verletzt. Zudem will die BA u. a. 106 Mio. Euro von den Deutschen zurück; mit dem Argument, dass sie diese Summe bereits kassiert hätten.

Vergleich mit Bankgeld?

Die Geschichte dahinter, aus BA-Sicht dargestellt: Steindling habe österreichischen Geschäftsleuten via KPÖ und Novum- und Transcarbon-Konten bei anderen Schweizer Banken einst zu Devisen verholfen. Als die Justiz in Prozessen gegen Steindling in der Schweiz solche Drittkonten mit 100 Mio. Dollar einfror (von denen die Österreicher ihr Geld bezogen), kam Steindling unter Druck. Via Verpfändung von 106 Mio. Euro aus, notabene, Bank-Austria-Geld habe sie die Drittkonten freibekommen. 2009 habe Steindling mit ebendiesen 106 Mio. die BvS befriedet. So viel zahlte sie per Vergleich an die Deutschen, die dafür auf alle Ansprüche gegen Steindling verzichteten.

Theoretisch, so ein Jurist, könnte die Bank auch gegen den Nachlass der einstigen KPÖ-Treuhänderin prozessieren. Der soll aber nicht tragfähig sein: Die "rote Fini" habe ihr Vermögen schon zu Lebzeiten weitergereicht. (Renate Graber, DER STANDARD, 12.4.2013)