Konjunkturzahlen sind für ihn nicht alles: der Finanzchef der in Wiener Neudorf ansässigen Prinzhorn Holding, Cord Prinzhorn.

Foto: Prinzhorn

STANDARD: Haben Sie noch Vertrauen in Wirtschaftsprognosen?

Cord Prinzhorn: Wir vertrauen unseren eigenen Zahlen am meisten. Für unsere Marktregion in Zentral- und Osteuropa sind die Prognosen auch nicht so aussagekräftig. In einigen Ländern verändert sich die "supply chain" (Lieferkette, Anm.). Die Ukraine ist das beste Beispiel.

STANDARD: Inwiefern?

Prinzhorn: Salatköpfe werden dort noch immer in Metallsteigen transportiert. Wenn es nun Prognosen über 2,5 oder drei Prozent Wirtschaftswachstum gibt, besagt das wenig. Wenn vermehrt von Metall- auf Wellpappe-Steigen umgestiegen wird, können wir in diesen Ländern über BIP wachsen.

STANDARD: Sie haben in Kherson in der Südukraine ein Werk eröffnet ...

Prinzhorn: ... wo wir 38 Millionen Euro investiert haben und bis zu 150 Millionen Quadratmeter Wellpappe-Verpackungen produzieren können.

STANDARD: Müssen Sie Ihren Kunden dorthin folgen?

Prinzhorn: Umgekehrt. Für gewisse Branchen ist Voraussetzung, dass wir dort sind, um selbst hinzugehen. Die Böden im Süden der Ukraine sind unglaublich fruchtbar; das war einmal die Kornkammer Europas. Aber es mangelt an entsprechendem Verpackungsmaterial. Heute ist es so, dass sich die Weinproduzenten auf der Krim Verpackungen aus gut 1.000 km Entfernung holen müssen.

STANDARD: Der Verpackungsindustrie wird nachgesagt, ein Frühindikator für konjunkturelle Entwicklungen zu sein?

Prinzhorn: Wenn dem so ist, dann schaut es nicht schlecht aus. Es gibt genug Vertrauen. Essen, Trinken - die Grundversorgung ist in Ordnung. Milch wird in Krisenzeiten wesentlich mehr konsumiert, Alkohol etwas weniger.

STANDARD: Alkohol weniger?

Prinzhorn: Ja. Der Verkauf von Flaschenbier nimmt zwar zu, es geht aber weniger Bier über die Budel, das heißt, in Gasthäusern und Restaurants wird weniger verkauft. Insgesamt spüren wir einen leichten Rückgang.

STANDARD: Sie haben auch ein großes Werk in Ungarn. Dort wurden Sie von hohen Steuersätzen und Energiepreisen eingeholt. Fällt das unter die Rubrik Lehrgeld, das man notgedrungen zahlen muss?

Prinzhorn: Kurz- oder mittelfristig ja. Geld verdienen lässt sich in Ungarn für uns derzeit nicht. Wie jeder Unternehmer, der an seine Sache glaubt, beginnt man den Zeitraum, in dem man ein Payback versucht, zu strecken. Wir glauben nach wie vor an den Standort und planen, weitere 150 Millionen Euro zu investieren.

STANDARD: In was genau?

Prinzhorn: In eine eigene Energieversorgung am Standort Dunaújváros, eventuell nächstes Jahr. Wir wollen eine große KWK-Anlage (Kraft-Wärme-Kopplung; Anm.) auf Verbrennungsbasis errichten, um konkurrenzfähig zu werden.

STANDARD: Wie stark fällt Energie im ungarischen Werk ins Gewicht?

Prinzhorn: Ganz stark. Die Produktion von Wellpappe-Rohpapier ist energieintensiv. Derzeit liegen wir bei den Energiekosten je Produktionseinheit um gut 50 Prozent über dem österreichischen Niveau. Diesen Nachteil können wir nur durch den Bau eines eigenen Kraftwerks kompensieren.

STANDARD: Sie hatten die Ukraine-Investition gestoppt, die Bremse dann später jedoch wieder gelöst?

Prinzhorn: Wir haben das Projekt 2008 begonnen. Dann aber hat die lokale Währung dramatisch abgewertet. Auch gab es einige andere Unwägbarkeiten, die einen wirtschaftlichen Betrieb des Werks nicht möglich gemacht hätten. Nach dem Regierungswechsel in der Ukraine hat sich die Situation deutlich verbessert. Man ist auf uns zugekommen und hat uns gebeten, das Werk fertigzustellen, weil sonst andere Projekte in der Luft gehangen wären. Man hat Hürden aus dem Weg geräumt.

STANDARD: Das Werk Frohnleiten, das Sie 2010 von Mondi übernommen haben, ist nicht zu halten?

Prinzhorn: Nein, der Standort ist zu klein, das Werk wird Mitte April endgültig dichtgemacht. Nur zum Vergleich: In Pitten machen wir das Vierfache an Wellpappe-Rohpapier, in Ungarn das Fünffache.

STANDARD: Was passiert mit der Immobilie, was mit den Mitarbeitern?

Prinzhorn: Was mit der Immobilie passiert, ist offen. Für die verbliebenen 85 Mitarbeiter haben wir einen Sozialplan angeboten. (Günther Strobl, DER STANDARD, 12.4.2013)