Raphael Nicholas als Jack, Christopher Ammann als Roger und Alexander Absenger als Ralph.

Foto: Rita Newman

Wien - Es ist eine der Fragen, die vermutlich nie letztgültig geklärt werden können: ob der Mensch böse ist - oder ob er es wird. William Golding vertritt in seiner Parabel Herr der Fliegen erstere Theorie. Eine Horde von Kindern, nach einem Flugzeugabsturz auf einer Insel gestrandet, legt ihre zivilisierte Liebenswürdigkeit binnen kürzester Zeit ab, um sich am Ende bis aufs Blut zu bekriegen. Der Mensch als wildes Tier.

Wird die Insel im Buch als Paradies beschrieben, stellt Michael Schachermaier in seiner Inszenierung der Bühnenversion von Nigel Williams im Theater der Jugend von Anfang an klar: Hier herrscht Krieg. Dunkle Wrackteile des Flugzeuges bilden das Bühnenbild im Renaissancetheater.

Die Spaltung der Kinder in zwei Lager lässt sich an der anfangs noch ganz adretten Schulbubenkleidung ablesen: Die Gruppe rund um den zivilisierten Ralph (sehr engagiert als redlicher Gruppenführer: Alexander Absenger) versucht sie leidlich in Ordnung zu halten. Die Anhänger des brutalen Jack (grandios unsympathischer Diktator: Raphael Nicholas) werden dagegen immer zerlumpter und schmutziger, beschmiert mit Blut. Erwähnenswert: André Haedicke als liebenswürdig eifriger Außenseiter Piggy.

Wie Rudelzwang und Mitläufertum funktionieren, zeigt Schachermaier so simpel wie wirkungsvoll: Nachdem am Anfang jugendlicher Überschwang und tumultartige Szenen vorherrschen, werden die Bewegungen zunehmend präzise choreografiert. Die Darsteller werfen sich in Pose, vollführen Drohgebärden.

Eingängige Schlachtgesänge ("Schweinesaft gibt uns Kraft") werden im Chor skandiert und steigern sich zu einem immer bedrohlicher werdenden Crescendo. Diesem Sog, das spürt man auch als Zuschauer dieser eindrucksvollen Inszenierung, kann man sich nur schwer entziehen. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 12.4.2013)