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Tröpfchenweise und teilweise um Stunden früher als geplant gelngten Papiere über die jüngste Fed-Sitzung in Umlauf.

Foto: apa/Victoria Bonn-Meuser

Eine Datenpanne bei der US-Notenbank Federal Reserve hat neue Zweifel am Umgang mit börsenrelevanten Informationen geweckt. Wie die Fed am Mittwoch mitteilte, schickte ein Mitarbeiter die Mitschrift des jüngsten geldpolitischen Treffens versehentlich 19 Stunden zu früh an einige der größten US-Banken und Investmentfirmen.

 

Namhafte Finanzkonzerne wie Goldman Sachs, Barclays Capital, Wells Fargo, Citigroup, UBS, der Hedgefonds King Street Capital und die Beteiligungsgesellschaft Carlyle GroupCG fanden das brisante Dokument schon am Dienstagnachmittag im Email-Postfach. Normalerweise hätte die Mitschrift des März-Treffens der Fed erst am Mittwochnachmittag US-Zeit veröffentlicht werden sollen.

Keine Anzeichen für verfrühten Handel

Offizielle Fed-Vertreter bemerkten den Patzer erst am Mittwochmorgen und beeilten sich daraufhin, das Papier der gesamten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Außerdem benachrichtigten sie die Wertpapieraufsicht SEC sowie die Commodity Futures Trading Commission.

Nach Angaben eines Notenbanksprechers "sieht alles danach aus, dass [die Veröffentlichung] vollkommen aus Versehen erfolgte". Bisher gab es kein Anzeichen dafür, dass die glücklichen ersten Empfänger der Email vor anderen mit den Informationen an der Börse gehandelt haben.

Börsenrelevant

Trotzdem dürfte den Notenbankern das Datenleck höchst ungelegen kommen. Sie debattieren gerade darüber, ob sie ihr freigiebiges Anleihekaufprogramm langsam zurückfahren sollen, bei dem sie jeden Monat 85 Milliarden US-Dollar ausgeben. Marktteilnehmer warten gespannt auf jedes noch so kleine Signal, das den künftigen geldpolitischen Kurs der Fed anzeigen könnte. Die Mitschriften der internen Notenbank-Diskussionen sind deshalb hochgradig börsenrelevant. Alle sechs Wochen werden sie veröffentlicht.

Eine Reihe derjenigen, die schon am Dienstag das Papier im Postfach fanden, sagten, sie hätten die vorzeitige Veröffentlichung selbst auch erst bemerkt, als die Fed offiziell darauf hinwies. Andere meldeten sich auf die Bitte nach einem Kommentar nicht umgehend zurück oder wollten sich zu der Sache nicht äußern.

E-Mail ging an rund 150 Personen

Viele der Empfänger waren ohnehin mehr an der Bundespolitik in Washington interessiert als am Börsenhandel an der Wall Street. Ingesamt 150 Einzelpersonen, darunter Mitarbeiter des Kongresses und Vertreter von Verbänden wie der American Bankers Association hatten die Fed-Mitschrift knapp einen Tag zu früh bekommen. Die Notenbank veröffentlichte sämtliche Namen und Emailadressen am Mittwochabend. Ein Viertel der Adressaten arbeitet für Großbanken, Investmentfonds oder Handelsvereinigungen in Washington.

Am Dienstag zeigten der Leitindex SPDR S&P 500 für börsennotierte Fonds und der Index für Optionen auf den S&P 500 – zwei Standardgradmesser des Marktgeschehens – keine ungewöhnlichen Ausschläge, die auf einen frühen Handel mit Fed-Informationen hinweisen könnten. Offensichtlich veranlasste die Datenpanne niemanden zum Börsenhandel. (Jeffrey Sparshott, Jon Hilsenrath, Brody Mullins, wsj.de/derStandard.at, 11.4.2013)