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Heuschnupfen geht häufig einem allergischen Asthma voraus, gibt die Expertin Vera Mahler zu bedenken.

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Erlangen - Die Entstehung von Allergien setzt ein Zusammenspiel von individueller genetisch-bedingter Prädisposition und der Exposition zu entsprechenden Allergenen - also wie sehr Menschen den Allergenen ausgesetzt sind - voraus.

Während am "Genpool“ in der Allgemeinbevölkerung in den vergangenen hundert Jahren keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind, hat sich die Allergen-Exposition in den vergangnen 25 Jahren verändert: "Durch die Zunahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre und die Klimaerwärmung finden sowohl einheimische als auch zugewanderte Pflanzen bessere Wachstumsbedingungen vor. Das geht mit einer höheren Pollen- und Allergenlast sowie mit parallel steigenden Sensibilisierungshäufigkeiten einher. - Bereits 25 bis 30 Prozent der Allgemeinbevölkerung leiden an einer so genannten Soforttypallergie, bei der die allergische Reaktion innerhalb weniger Minuten oder sogar Sekunden eintritt, wie beispielsweise Heuschnupfen, Asthma bronchiale, Insektengift- und Nahrungsmittelallergien", erläutert Vera Mahler, Sprecherin des Allergiezentrums des Universitätsklinikums der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Allergene unterschiedlich aggressiv

Insbesondere bei Nahrungsmittelallergien ist gegenwärtig eine Zunahme zu beobachten. Diese können sich mit Symptomen wie Brennen der Mundschleimhaut bis hin zum allergischen Schock mit Kreislaufstillstand äußern, wobei das gezielte Meiden des entsprechenden Nahrungsmittels gegenwärtig die einzige verlässliche Behandlungsmethode darstellt, so die Expertin. 

Von den in den Nahrungsmitteln enthaltenen Allergenen sind manche Allergene aggressiver als andere: Vor allem hitzestabile und magensaft-resistente Allergene  - wie etwa die Speicherproteine der Erdnuss - lösen meist eine schwere Symptomatik bei betroffenen Allergikern aus. Im Vergleich dazu rufen hitze- und magensäure-labile Allergene, die der Magensäure nicht standhalten (zum Beispiel andere Erdnussallergene wie PR-10 Proteine und Profilin) in der Regel nur milde Symptome hervor. Das heißt, nicht alle Erdnussallergiker sind in gleichem Maße gefährdet. 

Gewappnet für den Notfall

"Sind bereits schwere Reaktionen in der Krankengeschichte bekannt, sollte für den Notfall ein Adrenalinautoinjektor, ein schnell wirkendes H1-Antihistaminikum und ein Glukokortikosteroid in jeweils flüssiger Form bei der Hand sein. Zudem ist es notwendig, den Betroffenen über deren Gebrauch und das ständige Mitführen aufzuklären und zu schulen. Viele Hautkliniken bieten sogenannte Anaphylaxie-Schulungen an", erklärt Mahler. Von sogenannten "Allergielöschungen" mittels Bioresonanzverfahren rät die Expertin aufgrund mangelnder Wirksamkeit ab.

In der medizinischen Forschung wird derzeit an neuen Ansätzen gearbeitet, bei denen wichtige Allergene bereits in der Pflanze ausgeschalten oder modifiziert werden sollen, um mittelfristig mit neuen Züchtungen allergenarme Nahrungsmittel zu gewinnen.

Heuschnupfen nicht bagatellisieren

"Auch Heuschnupfen ist keine 'Lifestyle'-Erkrankung, sondern geht häufig einem allergischen Asthma voraus. Es ist daher empfehlenswert, Heuschnupfen nicht zu bagatellisieren, sondern frühzeitig – das heißt, wenn zwei Jahre hintereinander allergische Symptome in der Pollenflugsaison auftreten – eine ärztliche Diagnostik und Behandlung zu erlangen. Dem sogenannten Etagenwechsel von den oberen auf die unteren Atemwege kann durch eine spezifische Immuntherapie - der Hyposensibilisierungsbehandlung - entgegengewirkt werden", meint Mahler. Dabei ist es erforderlich, die Therapie im Herbst vor dem nächsten Pollenflug zu beginnen und über drei bis fünf Jahre fortzuführen. 

Zwischenzeitlich gibt es jedoch verschiedene neue Therapieschemata, die eine geringere Anzahl an Arztbesuchen erforderlich machen: Die spezifische Immuntherapie ist die einzige Behandlungsmethode, die nach Meinung der Expertin gezielt und nachhaltig die Überreaktivität des Immunsystems günstig beeinflusst. "Alle anderen Ansätze behandeln ausschließlich die Symptome, nicht aber deren Ursache", so Vera Mahler. (red, derStandard.at, 10.4.2013)