Das Regime in Pjöngjang hat keinen Mangel an Ideen, wie die Welt denn täglich aufs Neue zu erschrecken sei: Diesmal ist es eine Warnung an alle Ausländer in Südkorea und natürlich die neuerliche Androhung eines Atomkriegs - totale Vernichtung inklusive. Sosehr diese großen Worte von Kims Kamarilla mit der Zeit lächerlich wirken, so gefährlich sind die kleinen Fehlleistungen, die daraus tatsächlich einen gröberen bewaffneten Konflikt entstehen lassen können. Vor so einem möglichen fatalen Lapsus irgendeines Feldkommandanten gab es am Dienstag einmal mehr eine Warnung. Diesmal kam sie von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der selbst Koreaner ist und in Seoul unter anderem als Außenminister gedient hat.

Auf der Halbinsel genügt es derzeit, dass irgendjemand die Nerven verliert, um einen Krieg auszulösen, den eigentlich keiner will - auch das polternde Pjöngjang nicht. Denn glaubt man den Militärbeobachtern, gibt es keinerlei verdächtige Truppenbewegungen oder außergewöhnliche Aktivitäten auf den Nukleartestgeländen Nordkoreas. Einzig die an der Ostküste stationierten Raketen scheinen tatsächlich einsatzbereit zu sein. Sie könnten zu jenem Feuerwerk gehören, das Kim Jong-un zur Feier des Geburtstags seines Großvaters Kim Il-sung am Montag abbrennen will. Nordkorea hat bereits Flugkörper über japanisches Territorium hinweggeschossen. Diesmal haben sowohl Japaner als auch Südkoreaner und Amerikaner land- und seegestützte Systeme im Einsatz, die eine solche Rakete vom Himmel holen könnten. Die Frage ist, ob das tatsächlich geschieht und wie die Reaktion des eskalationslustigen Kim junior darauf ausfallen würde.

Sein Großvater hat es meisterhaft verstanden, Chinesen und Sowjets gegeneinander auszuspielen. Sein Vater Kim Jong-il war ein Champion des Machtpokers mit der internationalen Gemeinschaft. Sie haben das Blatt in ihrer Hand niemals überreizt, bei Kim Jong-un dagegen kann man dessen nicht so sicher sein. So wie er sich derzeit gibt, scheint ein Abgehen von der auftrumpfenden Offensivstrategie Pjöngjangs vorerst nicht geplant. Einhalt gebieten wird nur der Gedanke an den Machterhalt der Dynastie, die vielen als treibende Kraft hinter dem Kriegsgeschrei in Nordkorea gilt. Um den heißen kommenden Montag wird sich weisen, ob auch der junge Kim ein Eskalationskünstler ist oder ob die Dinge aus dem Ruder laufen. Beide Perspektiven sind einigermaßen ungemütlich. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 10.4.2013)