Die größte mittelfristige Gefahr für Millionen Menschen in Europa ist die drastische Verschlechterung der Lebenschancen für junge Menschen. Diverse Studien, zusammengefasst auf derStandard.at/Arbeitsmarkt ("In der Warteschleife: Jugend ohne Job"), zeichnen ein alarmierendes Bild, besonders bezüglich der Jugendarbeitslosigkeit. EU-weit beträgt die Jugendarbeitslosigkeit etwa 25 Prozent, in Krisenländern wie Spanien, Italien oder Griechenland sogar über 50 Prozent. Wer einen Job hat, arbeitet oft nur prekär, temporär, mit niedriger Bezahlung und mit schlechter Perspektive.

Die Antwort der traditionellen Linken lautet: Schuld sind die Finanzkrise und die "neoliberalen" Sparprogramme. Das stimmt nur zum Teil. Mindestens so wichtig sind strukturelle Faktoren: Die jungen Spanier und Franzosen kriegen keinen Job, weil das Arbeitsrecht die Habenden so beschützt, dass die Firmen sich weigern, neue Leute aufzunehmen.

Aber auch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Futurelab Europe, ein Thinktank, spricht die erschreckende Realität an: "In den meisten Fällen liegt es nicht an mangelnder Qualifikation, wenn junge Menschen heute in Europa keine Arbeit finden. Sie sind arbeitslos, weil es einen unglaublichen Mangel an Arbeitsplätzen gibt - überall in Europa."

Der "New York Times"-Kolumnist Thomas Friedman schreibt unter dem Titel "Durchschnitt ist offiziell vorbei": "In der Vergangenheit konnten durchschnittliche Arbeiter, die einen durchschnittlichen Job erledigten, einen durchschnittlichen Lebensstil verdienen. Aber heute ist Durchschnitt offiziell vorbei." Billige und qualifizierte ausländische Arbeitskräfte haben zur Entindustrialisierung der USA beigetragen.

Länder wie Deutschland und Österreich halten sich trotzdem noch recht gut, weil ihre Wirtschaftsstruktur reich ist an kleinen und mittleren Spezialfirmen. Apple lässt zwar seine iPhones in China zusammenbauen, aber spezialisierte Werkzeugmaschinen kommen noch immer überwiegend aus Deutschland und Österreich. Aber auch hier haben die Jungen schlechtere Chancen als noch vor 20 oder 30 Jahren.

Die traditionelle Linke sagt: "gerecht umverteilen". In der jetzigen Realität sieht das so aus, dass höhere und neue (Vermögens-)Steuern dazu benutzt würden, um den überdimensionierten geschützten Sektor (samt seinen Pensionisten) weiter zu subventionieren. Davon haben die Jungen nichts. Wenn schon umverteilen, warum nicht - moderat - von den Alten zu den Jungen?

Heute konzentriert sich alle politische Energie darauf, Pensionisten, vor allem aus dem geschützten Sektor, happy zu halten. Ein Teil der zur Verfügung stehenden, durch einen immensen Steuerdruck fließenden öffentlichen Mittel könnte stattdessen zur stärkeren Subventionierung von Start-ups von Jungunternehmern, zur Anstellung von mehr (Stütz-)Lehrern für Migrantenjugendliche und durchaus auch für Jobs für Jugendliche verwendet werden.

Wenn schon Staatseingriffe, dann für die Finanzierung mehr der Zukunft und weniger der Vergangenheit. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 10.4.2013)