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Im Rückblick verwundert das Zaudern nicht mehr. Die Europäische Zentralbank (EZB) soll mit der Veröffentlichung ihrer breit angelegten Vermögensstudie extra gewartet haben, bis das Hilfsprogramm für den Krisenstaat Zypern besiegelt war - nun kann man sich ausmalen, warum. Laut den neuen Daten stellen die (Wahl-)Zyprioten nach den Luxemburgern die im Schnitt zweitreichste Population im Euroraum.

Die 109 Seiten starke Vergleichsstudie, die am Dienstagnachmittag von der EZB endlich freigegeben wurde, birgt noch viel mehr Stoff für Verteilungsdebatten. Zweieinhalb Jahre lang haben Forscher der nationalen Notenbanken mit aufwendigen Methoden mehr als 62.000 Haushalte in 15 Eurostaaten befragt. Die Resultate belegen nicht nur, dass eine kleine Gruppe Wohlhabender einen enormen Anteil des Gesamtvermögens - ein Fünftel der Haushalte besitzt über alle Länder gerechnet zwei Drittel - ihr Eigen nennt, sondern weisen Österreich auch als den Staat mit der zweitgrößten Ungleichheit aus.

Media und Durchschnittswert

Als Maß dienen zwei Werte, die das Nettovermögen - Sach- und Finanzvermögen minus Schulden - beziffern. Der Median beträgt 76.400 Euro - die eine Hälfte der Haushalte besitzt mehr, die andere weniger. Der Durchschnittswert hingegen liegt bereits bei 265.000 Euro, was auf viel in der Oberschicht konzentriertes Vermögen hindeutet. Ein Beispiel zur Illustration: Gesellt sich ein Milliardär zu hundert armen Leuten, wird im Schnitt jeder zum statistischen Millionär.

Ein großer Abstand zwischen Median und Durchschnittswert sei ein Beleg für eine ungleiche Verteilung der Vermögen, schreiben die EZB-Studienautoren - und dieser ist hierzulande besonders ausgeprägt. Nur Deutschland hängt Österreich in dieser Disziplin ab.

Arme Hälfte hat fast nichts

Weitere Vergleichszahl: Über alle Eurostaaten gerechnet halten die obersten fünf Prozent der Haushalte 37,2 Prozent des Nettovermögens. Die Forscher der Nationalbank kommen in ihrem Bericht für Österreich sogar auf 45 Prozent, weisen dabei jedoch das Bruttovermögen aus, was nicht hundertprozentig vergleichbar ist. Allerdings liegt nahe, dass ein Nettovergleich die Schieflage eher noch verschärfen würde, weil sich dann auch Nettoschuldner in der Verteilung niederschlagen.

Fakt ist auch, dass sich die ärmere Hälfte der Haushalte im Euroraum mit einem Ministück des Kuchens abfinden muss: Sie hält lediglich sechs Prozent des gesamten Nettovermögens.

Ins Auge sticht noch ein anderer Umstand. Die vermeintlich reichen Deutschen und Österreichern matchen sich gemessen am Medianvermögen mit den Slowaken und den Portugiesen um die letzten Plätze im Ranking, während hinter Leader Luxemburg auch Krisenstaaten wie Spanien, Italien oder eben Zypern über dem Euro-Schnitt liegen. Das hat mit nationalen Eigenheiten zu tun. So leben in deutschen und österreichischen Haushalten weniger Menschen als etwa in südlichen Ländern, wo sich Vermögen stärker unter einem Dach ballt.

Hauptwohnsitz

Hauptgrund ist aber, dass anderswo mehr Haushalte den Hauptwohnsitz besitzen. Während in den mit reichlich privaten und kommunalen Mietwohnungen ausgestatteten Ländern Österreich und Deutschland jeweils weniger als die Hälfte zu den Eigentümer zählt, beträgt die Quote in der Slowakei fast 90 Prozent, in Slowenien und Spanien immer noch über 80 Prozent. Ersparnisse haben jene Haushalte, die sich dank des Mietangebots keine Wohnung kaufen wollten oder mussten, im Gegenzug offenbar aber nicht angehäuft, denn dieses Geld würde sich ebenso im Nettovermögen abbilden.

Vergleicht man aber die reiche Bevölkerungsschicht, die auch hierzulande in aller Regel Immobilien besitzt, sieht die Welt anders aus: Das Top-Zehntel hält in Österreich ein durchschnittliches Nettovermögen von 1,64 Millionen, rangiert damit über dem Euro-Schnitt von 1,17 Millionen und ebenso vor den meisten Südstaaten. Ausnahme ist wieder Zypern, wo die Reichsten im Schnitt laut EZB 4,16 Millionen halten.

Diese Zahlen geben auch eine Orientierung, wen die von der SPÖ propagierte Millionärssteuer treffen könnte: Fürchten müssten sich wohl lediglich die obersten zehn Prozent. Im zweitreichsten Zehntel beträgt das durchschnittliche Nettovermögen hierzulande "nur" mehr 400.000 Euro.

Selbstständige haben die besseren Chancen auf Reichtum: Sie halten im Euroraum mit im Schnitt 585.800 Euro ein dreimal so großes Vermögen wie Arbeitnehmer. (Gerald John, DER STANDARD, 10.4.2013)